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45 Jahre Streit um Georg-Bitter-Trasse

■ Bürgerschaft weiterhin nicht entscheidungsreif / Verkehrsproblem an Deputation verwiesen

Zumindest in einem Punkt war sich gestern die gesamte Bürgerschaft einig: „Das Thema ist brisant“, konstatierte Bausenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte unter kennerischem Nicken in allen Fraktionen. Und brisant ist das Thema nicht erst seit vorgestern. Bereits 1949 hatte die Stadtbürgerschaft über eine Weserbrücke zwischen Habenhausen und Hastedt debattiert und die Verlagerung des überregionalen Verkehrs in die Georg-Bitter-Straße gefordert.

Doch wer glaubt, 45 Jahre würden der Bremer Politik genügen, um sich eine abschließende Meinung zum Verkehrsproblem im Bremer Osten zu bilden, der hat sich getäuscht. Nach einstündiger Debatte wurde das Thema gestern in die Baudeputation verwiesen. Und die CDU konnte noch nicht einmal ihren Antrag auf erneute Unterrichtung des Parlaments „bis zum 28. Februar 1995“ durchsetzen. Einstimmig lehnte die Ampelkoalition solche Selbstverpflichtung zur Eile ab.

Tatsächlich ist kein Schwert in Sicht, mit dem der gordische Knoten des Hastedter Dauerstaus zerschlagen werden könnte. Würde die Georg-Bitter-Trasse gebaut, so gab die grüne Verkehrspolitikerin Elisabeth Hackstein zu bedenken, würde sich der Stau bloß vom Ende der Erdbeerbrücke zur nächsten Kreuzung an der Stresemannstraße verschieben. Passiert aber nichts, steht der Durchgangsverkehr weiterhin in der Stader Straße. Und auch dagegen hat die grüne Politikerin schon bei einer Blockadeaktion zusammen mit den AnliegerInnen der Wohnstraße auf der Fahrbahn gesessen. Hacksteins Lösungsvorschlag deshalb: „Wir müssen den Verkehr in der ganzen Stadt zurückdrängen – nicht durch mehr, sondern durch weniger Straßen.“

CDU und FDP stritten gestern für die Betonlösung. „Es gibt keine Alternative zum Bau der Georg-Bitter-Trasse“, meinte Monika Harms von der CDU. „Wir als FDP haben das schon seit 1971 gefordert“, antwortete ihr der FDP-Abgeordnete Bohme und gestand: „Ich habe mich über den CDU-Antrag sehr gefreut.“ Abgestimmt hat er danach allerdings dennoch mit den anderen Ampelkoalitionären.

Karl-Heinz Schreiber (SPD) und Bausenatorin Lemke-Schulte verwiesen darauf, daß vor einer Entscheidung das Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Sachen Stader Straße abzuwarten sei. Wie das ausfallen wird, ist seit einem Beschluß des Gerichts vom Oktober allerdings klar. Als „offenkundig problemschaffende Halbplanung“ hatten die Richter darin die Erdbeerbrücke bezeichnet. Und die Zustände in der im Flächennutzungsplan als Wohnstraße ausgewiesenen Stader Straße seien „nicht hinzunehmen“.

Wer auf solche Argumente nicht schleunigst reagiere, der „tut die Wut der am Straßenverkehr erstickenden Bürger überheblich ab“, meinte CDU-Rednerin Harms. Der langjährige Verkehrspolitiker der SPD, Karl-Heinz Schreiber, ließ sich von solcher Rede allerdings überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. „Mit der Erdbeerbrücke ist ein Fragment entstanden“, gestand er der Opposition zwar zu, ergänzte dann allerdings: „Aber auch das ist ein Stück Demokratie“. Ase

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