: 30 Stellen werden wegfocussiert
■ Wissenschaftsrat kritisiert Forschungsbereich des HWWA / Die meisten Abteilungen werden geschlossen / Dokumentation bleibt
Ein Gutachten, das heute in Köln präsentiert wird, hat vorab in Hamburg bereits für Diskussionen gesorgt. In dieser Expertise übt der Wissenschaftsrat – er kontrolliert öffentlich geförderte Forschungseinrichtungen – massive Kritik am Hamburger HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung. Als zu pauschal bezeichnet der HWWA-Personalratsvorsitzende Johann Schulenburg die bisherige Darstellung der Einwände. Das Institut bestehe schließlich aus zwei Teilen. Und der Bereich „Bibliothek und Pressedokumentation“ sei für gut befunden worden. „Es wäre schade, wenn dieser wichtige positive Aspekt in der rigiden Kritik unterginge.“
Gar nicht gut geht es hingegen den sieben Forschungsabteilungen des HWWA. „Fehlende Focussierung“ wirft der Wissenschaftsrat den Hamburger Forschern vor, und auch Schulenburg beklagt den Mangel an „Perspektiven, sich zu profilieren“. Die Verantwortung hierfür liege eindeutig beim Management, das nicht in der Lage sei, trotz knapperer Kassen „Visionen“ zu entwickeln. Der Wissenschaftsrat rekrutiere sich überdies aus Hochschulprofessoren mit einem Faible für Grundlagenforschung. Der Schwerpunkt des Hamburger Instituts liege hingegen in der politischen Beratung.
Bundesweit werden derzeit Institute, die wie das HWWA Bundesmittel erhalten, vom Wissenschaftsrat unter die Lupe genommen, weiß Schulenburg. Die anschließenden Gutachten seien nicht nur ein Instrument der Qualitätssicherung, sondern orientierten sich zunehmend am „Sparzwang“. Dem werden in Hamburg 30 von 50 Stellen und fünf der sieben Forschungs- abteilungen zum Opfer fallen, vermutet der Personalrat.
Hamburgs Wissenschaftssenator Leonard Hajen (SPD) bestätigte gestern in einem Gespräch mit der Welt am Sonntag, daß einige Abteilungen geschlossen werden. Das HWWA habe versucht, thematisch zu breit zu arbeiten, so Hajen. „Wenn die Mittel knapp sind, sollte man sich auf die Dinge konzentrieren, in denen man besonders gut ist.“ Er denke dabei an die Bereiche Außenwirtschaft in Verknüpfung mit Binnenkonjunktur.
Auch das Informationszentrum, also Bibliothek und Dokumentation, werde nicht ungeschoren davonkommen, ist Schulenburg überzeugt. „Es bleibt aber auf jeden Fall erhalten.“ Hier beschränke sich die Kritik des Wissenschaftsrats eher auf formale Aspekte. Unter anderem wurde eine nicht ausreichende EDV-Ausstattung moniert.
Das HWWA-Institut ist, neben dem Kieler Institut für Weltwirtschaft, das bundesweit einzige, das einer Behörde zugeordnet ist. Noch in diesem Jahr soll es in die Trägerschaft eines Vereins überführt werden. Stefanie Winter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen