26.01.2023: taz gewinnt Rechtsstreit gegen Energiekonzern EWE AG

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Die taz hat einen Rechtsstreit gegen die EWE AG in Oldenburg gewonnen. Der Energiekonzern muss einem Redakteur der Zeitung nach einem Urteil des Landgerichts Oldenburg Auskunft über seine Spenden- und Sponsoringpraxis seit dem Jahr 2014 geben. Die Beantwortung eines entsprechenden Fragenkatalogs hatte das Unternehmen abgelehnt, worauf taz-Redakteur Felix Zimmermann geklagt hatte. Mit dem Urteil hat das Gericht auch die Auskunftsrechte von Journalisten gestärkt.

Die EWE AG, die vor allem in Nordwestdeutschland als Gas- und Stromversorger etabliert ist, blickt auf eine Zeit der Unruhe zurück: 2015 war der langjährige Vorstandsvorsitzende, Werner Brinker, in den Ruhestand gegangen und durch Matthias Brückmann ersetzt worden, dem bereits 2017 gekündigt wurde. Brückmann war unter anderem vorgeworfen worden, unbefugt eine Spende in Höhe von umgerechnet 253.000 Euro an eine Stiftung des Ex-Boxers Wladimir Klitschko zugesagt zu haben. Das Landgericht Oldenburg hatte Brückmann im April 2022 wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

taz-Redakteur Felix Zimmermann hat schon mehrfach über den Energiekonzern recherchiert. 2011 enthüllte er Geldflüsse in Millionenhöhe an eine dubiose Präventionsagentur und einen Fall von Korruption rund um die Übernahme der Stadtwerke Eberswalde durch die EWE AG.

Im Gerichtsverfahren gegen Matthias Brückmann nun wurde erneut die Spenden- und Sponsoringpraxis der EWE AG thematisiert. Brückmann hatte die Ausgaben von 25 Millionen Euro unter Werner Brinker deutlich reduziert.

Die taz wollte sich das genauer ansehen und bat die EWE AG um eine Übersicht über Höhe und Verwendung des Geldes seit 2014. Das lehnte die EWE AG ab und bestritt eines der Hauptargumente der taz. Die hatte angeführt, die EWE AG sei als Unternehmen, das sich zu 74 Prozent in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft befindet, gemäß § 4 des Niedersächsischen Pressegesetzes wie eine Behörde zu behandeln und deshalb auskunftspflichtig.

Mit Urteil vom 20. Januar 2023 hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg der taz in vollem Umfang Recht gegeben. Die Kammer wies darin auch den Vorwurf der EWE AG zurück, der taz-Redakteur recherchiere „ins Blaue hinein“: Es gehöre zum Kern der Pressefreiheit, „dass die Presse den Gegenstand ihrer Berichterstattung frei wählt und dabei nach publizistischen Kriterien entscheidet, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält“.

Die EWE AG wird die Fragen zur Spenden- und Sponsoringpraxis seit 2014 nun beantworten müssen.

"Mit dem Urteil stärkt das Gericht die Auskunftsrechte von Journalist:innen. Die Entscheidung ist ein Signal an Journalist:innen, beharrlich zu bleiben und sich nicht so schnell abspeisen zu lassen", sagte Rechtsanwalt Sebastian Sudrow von der Hamburger Kanzlei Beiler Karl Platzbecker und Partner, der die taz vertreten hat.

"Wir sind froh, in Felix Zimmermann einen so hartnäckigen Kollegen zu haben, der jetzt dazu noch bewirkt hat, dass die Rechte aller Journalist:innen gerichtlich unterstrichen wurden. Vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse ist es umso wichtiger, dass die Energieversorger sich als öffentliche Unternehmen begreifen, die der Öffentlichkeit auch rechenschaftspflichtig sind", sagt taz-Chefredakteurin Ulrike Winkelmann. (LG Oldenburg, 5 O 949/22)

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