: 230 Millionen für Privatuni zuviel?
■ Wissenschaftssenatorin reagiert auf Vorwürfe der Hochschulrektoren-Konferenz
Ist die International University Bremen, die neue Privathochschule in Grohn, zu teuer für das Staatssäckel? Gegen diesen Vorwurf der Hochschul-Rektorenkonferenz (HRK) in Bonn setzt sich SPD-Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs jetzt zur Wehr. In ihrer Behörde wurde gestern ein Brief an den HRK-Präsidenten Klaus Landfried vorbereitet, in dem Argumente für eine staatliche Förderung der International University aufzählt werden. Grundtenor: Der Bremer Wissenschaftshaushalt und die staatlichen Hochschulen müssen nicht darunter leiden, daß die neue Privatuniversität vom Land Bremen 230 Millionen Mark als Anschubfinanzierung erhält.
Von den 230 Millionen Mark stammen nur 130 Millionen aus dem Wissenschaftsetat, argumentiert die Senatorin. Der Rest wird vom Wirtschaftsressort aufgebracht. Zudem würden die 230 Millionen Mark über einen Zeitraum von sechs Jahren ausgezahlt. Die staatlichen Hochschulen müßten keine Kürzungen befürchten, da schon letzten Oktober die Finanzplanung der Hochschulen bis zum Jahr 2004 vereinbart wurde.
Anlaß für den Brief der Bremer Senatorin waren Äußerungen des HRK-Präsidenten letzte Woche bei der Vorstellung des HRK-Jahresberichtes in Bonn. Landfried hatte vor dem Plenum der deutschen Hochschulrektoren kritisiert, daß Privatuniversitäten vom Staat bevorzugt würden, obwohl staatliche Hochschulen 98 Prozent der Studierenden ausbilden. „Die äußerst geringen Studierendenzahlen (der Privatuniversitäten, Anm. d. Red.) werfen die Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Ertrag auf, wenn Landesregierungen enorme Summen in diese Hochschulen investieren, gleichzeitig aber ihren staatlichen Einrichtungen Personal und Mittel entziehen“, sagte Landfried. Er fürchte eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“.
Die Kritik der Hochschulrektoren zielte vor allem auf die Bremer Landesregierung und die Neugründung der Privatuni Grohn. Der staatliche Hochschuletat für Bremen betrage insgesamt 400 Millionen Mark, für die Neugründung in Grohn seien „mal eben“ 230 Millionen Mark als Anschubfinanzierung vorgesehen. Außerdem solle Landeskindern die vorgesehene Studiengebühr (etwa 20.000 Mark im Jahr) erstattet werden. „Privathochschulen müssen im Grundsatz auch privat finanziert werden“, forderte Landfried.
Schon im letzten Juli hatten die Hochschulrektoren ihre Bedingungen für eine staatliche Finanzierung der rund 60 privaten Hochschulen in Deutschland formuliert. So sollen die Privatschulen zum Beispiel ihre Studienbewerber ausschließlich nach Eignungs- und Leistungskriterien aussuchen (und nicht nach dem Portemonnaie) und neuartige Studienangebote machen. Außerdem, so der Beschluß der Rektoren, müsse ein staatlicher Zuschuß „zu einem Kostenvorteil für den Steuern zahlenden Bürger“ führen. Doch diese Bedingungen, konstatierte die HRK letztes Jahr, würden von keiner der neu geplanten privaten Hochschulen erfüllt.
Die staatliche Förderung der Privatuniversität Grohn sorgt nicht nur zwischen HRK und der Bremer Bildungssenatorin für Kabbelei. Die Jusos sind dagegen, die SPD dafür. Auch bei den Bremer Grünen, die im kommenden Bürgerschafts-Wahlkampf voll auf Bildungsthemen setzen wollen, war die Zustimmung der Anschubfinanzierung das umstrittenste Thema der Programmdebatte – knapp entschloß sich die Partei dafür, die Risiko-Investition gut zu finden. Die Bedingung: Nach der Anschubfinanzierung muß sich die Privatuniversität auf jeden Fall selber finanzieren können. „Der kleine Technologiepark, der in Grohn entstehen könnte, ist erheblich zukunftsträchtiger als andere Parks, die in Bremen diskutiert werden“, begründet der grüne Bildungspolitiker Hermann Kuhn seine Zustimmung zu dem staatlich geförderten Elite-Projekt.
Die Kritik des HRK-Präsidenten Landfried kann vom neuen Präsidenten der International University Bremen, Fritz Schaumann, nicht nachvollzogen werden. „Ich gehe fest davon aus, daß der Wettbewerb zwischen privaten und öffentlichen Hochschulen beide Seiten in der Entwicklung fördert.“ Die Präsidenten haben inzwischen miteinander telefoniert, die Wogen scheinen vorerst geglättet. Landfried will sich erst wieder zu dem Thema äußern, wenn er sich noch einmal umfassend informiert hat, sagt seine Pressesprecherin. Christoph Dowe
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