Nachgehakt: 200 Millionen-Loch?
■ Prof. Rudolf Hickel weist auf vertrauliche Rechnung des Bundes hin
Der Bremer FDP-Vorsitzende Claus Jäger hat den Senat aufgefordert, „die Tatsachen auf den Tisch zu legen“ und öffentlich zu erklären, was es für den Haushalt bedeuten würde, wenn 215 Millionen Mark Bundesergänzungszuweisungen jedes Jahr fehlen. Nachdem Finanzminister Hans Eichel seinen Entwurf für ein „Maßstäbe-Gesetz“ im Bundeskabinett vorgelegt hat, gehen Experten davon aus, dass der Bund bei den Zahlungen an Bremen bei den „Häfenlasten“ (90 Millionen) und den „Kosten der Politischen Führung“ (125 Millionen) einsparen will. Bei den Zahlungen, die der Bund nicht zu leisten hat (Einwohnerwertung), gibt sich Eichel großzügig zugunsten von Bremen.
Bremens SPD-Bundestagsabgeordneter Volker Kröning hat „als Vorsitzender des Sonderausschusses Maßstäbegesetz/Finanzausgleichsgesetz“ begrüßt, „dass die Bundesregierung mit ihrem heutigen Beschluss über den Gesetzentwurf eines Maßstäbegesetzes die Initiative zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 1999 ergreift“. Kröning geht davon aus, dass über Verhandlungen die Verlängerung dieser 200-Millionen Zahlung erreicht werden könnte.
Dem gegenüber verweist der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Prof. Rudolf Hickel darauf, dass es eine streng geheime Modellrechnung im Bundesfinanzministerium gebe, die auch Kröning sehr wohl kennen müsse. Auf den 58 Seiten des Entwurfs für das Maßstäbe-Gesetz finde sich natürlich keine Zahl, aber diesen Gesetzentwurf könne man nur in Kenntnis der Modellrechnung richtig interpretieren. Im Gegensatz zu dem Verfahren, das das Verfassungsgericht gefordert hat, macht der Bund das Maßstäbe-Gesetz nicht ohne die konkreten finanzwirtschaftlichen Folgen abzuschätzen. „Dieses Zahlenwerk ist jedoch weder vom Bundeskabinett verabschiedet, noch der Presse vorgelegt worden“, betont Hickel. Der Bund will nach der internen Rechnung, 336 Millionen Mark jedes Jahr einsparen. Hickel: „Aus diesem Zahlenwerk leitet der Finanzsenator des Landes Bremen zutreffenderweise einen durch die Bundesregierung geplanten Verlust von 200 Millionen Mark für den Stadtstaat Bremen ab.“ K.W.
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