Zwei Tage Schulstreik in Berlin: 4.000 Lehrkräfte im Streik

Die Gewerkschaft GEW ruft zum Arbeitskampf für kleinere Klassen. Die Beteiligung ist deutlich höher als bei den sieben Warnstreiks zuvor.

Wollen bessere Arbeitsbedingungen: streikende Lehrkräfte in Berlin Foto: picture alliance/dpa | Jens Kalaene

BERLIN taz | Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft erhöht im Arbeitskampf für bessere Arbeitsbedinungen an den Berliner Schulen den Druck: Innerhalb von wenigen Monaten ist es der achte Warnstreik der Pädagog*innen, und zum ersten Mal treten die Beschäftigten in einen zweitägigen Ausstand. Mit 4.000 Teil­neh­me­r*in­nen an der Demo, die vom S-Bahnhof Friedrichstraße am Dienstagvormittag bis vors Rote Rathaus zog, waren zudem rund 1.500 mehr Lehrkräfte als bei den letzten Warnstreiks auf der Straße. Die Bildungsverwaltung zählte 3.150 Streikende.

Die GEW sprach von einem „starken Auftakt“ für den zweitägigen Streik. Am Mittwoch sind zahlreiche dezentrale Aktionen in den Bezirken geplant. Die zentrale Forderung sind kleinere Klassengrößen, festgeschrieben in einem „Tarifvertrag Gesundheitsschutz“. Aus Sicht von Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) ist eine solche tarifvertragliche Regelung allerdings aussichtslos, wie er immer wieder betont. Berlin sei Mitglied in der Tarifgemeinschaft der Länder, kurz TdL, und diese verbiete tarifrechtliche Alleingänge.

Die Linke, die den Streik der Lehrkräfte unterstüzt, will deshalb einen anderen Weg gehen. Höchstgrenzen für die Klassenfrequenz sollen nicht über einen Tarifvertrag geregelt werden, sondern „zentral im Schulgesetz verankert und so in den parlamentarischen Raum geholt“ werden, schlägt die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Franziska Brychy, vor.

Das Land habe in dem Fall die Gesetzgebungskompetenz. Werden diese Klassengrenzen überschritten, müsse es einen Ausgleichsme­cha­nis­mus in Form von zusätzlichem Personal geben, fordert Brychy; also zum Beispiel eine zweite Lehrkraft für eine überbelegte Klasse.

Bis zu 32 Kinder an Gymnasien

Aktuell gelten Richtlinien für die Klassengrößen, die allerdings nicht im Schulgesetz verankert sind. Demnach sollen maximal 24 Kinder in einer Grundschulklasse sitzen, in Gymnasien dürfen es bis zu 32 Kinder sein.

Nun ist angesichts des krassen Lehrkräftemangel mehr Personal für kleinere Klassen nicht unbedingt vorhanden. Das weiß auch die GEW, die aber ungeachtet dessen argumentiert: verbessern sich die Arbeitsbedinungen in den Schulen, verbesssert sich auch das Interesse an einem Lehramtsstudium.

Dass die Universitäten nicht genug ausbilden – lediglich 900 Ab­sol­ven­t*in­nen bei einer Zielzahl von 2.000 wurden zuletzt in Berlin fertig – ist ein Problem. Ein anderes, dass auch das Interesse am Lehramtsstudium zuletzt abnahm, wie die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz vor kurzem anmahnte. Berlins Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD), die derzeit den Vorsitz der KMK innehat, will deshalb in diesem Jahr auch eine bundesweite Werbekampagne für das Lehrerberuf starten.

Die Grünen wollen indes „kreative Lösungen“ finden, wie man trotz Fachkräftemangel dennoch „konkrete Schritte hin zu kleineren Klassen gehen kann“, wie der schulpolitische Sprecher Louis Krüger am Dienstag sagte. So könnten auch auch Nicht-Pädagog*innen in „multiprofessionellen Teams“ stärker zum Einsatz kommen. Krüger schlägt dafür einen Runden Tisch mit der Gewerkschaft, Finanzsenator Wesener und Bildungssenatorin Busse vor.

Auch Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer für die Abgeordnetenhauswahl am Sonntag meldete sich am Dienstag zu Wort: „Der Finanzsenator muss unmittelbar nach der Wiederholungswahl Tarifverhandlungen mit der GEW Berlin aufnehmen“, sagte Lederer. Es sei „völlig klar, dass sich die Forderungen dabei nicht von heute auf gleich umsetzen lassen werden. Wer es mit guter Arbeit ernst meint, muss den Beschäftigten jetzt aber eine Perspektive eröffnen.“

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