DIE ZERLEGTE ZAHL : 189.000
■ Noch immer wird darüber diskutiert, wie viele Personen in der DDR als Inoffizielle Mitarbeiter für die Stasi gearbeitet haben.
Seit Jahren geht die Forschung von 189.000 IMs aus, zuzüglich 3.000 bis 3.500 Bundesbürger, die in der damaligen Bundesrepublik aktiv waren. Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk, angestellt in der Stasi-Unterlagenbehörde, zweifelt in seinem Buch „Stasi konkret“ diese Zahl an mit der Begründung, dass manche IMs doppelt gezählt wurden oder keine Informationen geliefert, sondern beispielsweise nur konspirative Wohnungen bereitgestellt hätten. Daraus ergebe sich eine deutlich geringere Zahl von 109.000. Damit stellte Kowalczuk die Forschungsergebnisse seines Kollegen Helmut Müller-Enbergs infrage, auf dessen Arbeit die Zahl 189.000 im Wesentlichen beruht. Die Fraktion Die Linke wollte mit einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung Gewissheit über die Zahlenangaben. Der zuständige Kulturstaatsminister Bernd Neumann beantwortete die Anfrage: „Die Zahl von 189.000 Inoffiziellen Mitarbeitern entspricht dem bisherigen Forschungsstand.“ Im Übrigen werde in dem Buch von Kowalczuk darauf hingewiesen, dass der Verfasser keine neu recherchierten Stasi-Akten eingesehen habe.
Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin bemerkt zu den Zahlen, dass die Diskussion darüber nichts an der Diktatur und ihren Auswirkungen in der DDR ändere. Die Zahl der Spitzel in der DDR werde nie wirklich zu ermitteln sein.
BARBARA BOLLWAHN