piwik no script img

18 Milliarden für den Abzug

■ Vier-plus-zwei-Verhandlungen: Heißer Draht zwischen Bonn und Moskau / Letzte Unklarheiten offenbar beigelegt / Unterzeichung für Mittwoch erwartet / Bald souveränes Deutschland

Bonn/Berlin (dpa/ap/adn) - Die Unterzeichnung des Vier -plus-zwei-Vertrages am Mittwoch in Moskau scheint festzustehen. Bundesaußenminister Genscher ist sicher, daß der letzte Stolperstein auf dem Weg zur Unterzeichnung des Vertrages über die äußeren Aspekte der deutschen Einheit heute aus dem Weg geräumt werden. Telefonisch bereiteten Kohl und Gorbatschow die Gespräche in Moskau vor. Im Mittelpunkt standen Stationierungsfragen, vor allem aber die finanziellen Forderungen der UdSSR. Wie es heißt, verlangt Moskau 18 Milliarden Mark bis 1994 für die Finanzierung des Abzugs und die Eingliederung der Soldaten in der Sowjetunion. Bonn habe sieben Milliarden geboten.

Im Deutschlandfunk konstatierte Genscher, „es geht nicht darum, die deutsche Einheit zu kaufen“, vielmehr handele es sich „praktisch um den Preis der deutschen Vereinigung.“ Die 'Prawda‘ verteidigte die sowjetischen Forderungen. Vorwürfe, die UdSSR wolle sich an der deutschen Einheit bereichern, träfen nicht die Wahrheit. Sie wolle „keinen Pfennig zusätzlich“, es solle lediglich gewährleistet werden, daß die Einigung nicht von „ungerechtfertigten ökonomischen Unkosten und Verlusten für die Sowjetunion begleitet ist.“ Der Unterhalt der Truppen werde durch die Einführung der West-Mark um ein Vielfaches verteuert.

Zwei andere offene Fragen, die von den Unterhändlern der Vorverhandlungen in Berlin nicht gelöst werden konnten, sind inzwischen offenbar beigelegt. In einem Telefongespräch zwischen Genscher und Schewardnadse hätten sich „Lösungen abgezeichnet“. Dabei ging es um die Versicherung, daß die deutschen Streitkräfte auf dem ehemaligen DDR-Territorium keine Waffensysteme stationieren dürfen, die auch atomare Munition verschießen oder tragen können. Außerdem sollte sichergestellt werden, daß keine Nato-Truppen an Manövern auf DDR-Territorium beteiligt sind.

Genscher äußerte sich auch zur Souveränität Deutschlands. Es sei klar, daß von einer vollen Souveränität erst nach Abschluß der letzten Ratifizierungsvorgänge in den einzelnen Parlamenten der Vier-plus-zwei-Länder die Rede sein könne. Dies werde „in einigen Wochen, allenfalls in wenigen Monaten“ der Fall sein. Der Ratifizierungsprozeß im deutschen Parlament beginne jedoch erst mit dem Beitritt der DDR.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen