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140 fallen ins Raster

Zweite Runde der Rasterfahndung beginnt: Hamburger Polizei lädt ausländische Studierende zu „persönlichen Gesprächen“ ins Präsidium

HAMBURG taz ■ Ob sie fasten, ob sie beten, und wie oft – in Hamburg müssen sich ausländische Studierende derzeit sehr persönliche Fragen gefallen lassen. Als erstes Bundesland geht die Stadt bei der Rasterfahndung in die zweite Runde. Über 140 Studierende hat die Polizei zu „persönlichen Gesprächen“ geladen.

Schon wenige Tage nach dem 11. September hatten die Hamburger Unis auf Geheiß des damaligen SPD-Innensenators Olaf Scholz die Daten von über 10.000 männlichen Studierenden preisgegeben. Erfasst wurden dabei Herkunftsland und Studienfächer. Das Gros der Daten wird zwar bereits wieder gelöscht. Über den „Bodensatz“ aber, wie Schrader die im Raster Hängengebliebenen nennt, will die Polizei mehr erfahren.

Die infolge der Terror-Anschläge nötig gewordene Rasterfahndung, heißt es im Schreiben der Polizei, richte sich gegen „männliche, in Hamburg studierende Personen, bestimmter Herkunft und Altersgruppe“. Und weiter: „Aufgrund ihrer in Hamburg bekannt gewordenen Daten fallen sie ebenfalls in dieses Raster.“ Mitbringen sollen die Angeschriebenen allerlei persönliche Unterlagen wie Geburtsurkunden, Kontoauszüge der letzten anderthalb Jahre, Mietverträge, Reiseunterlagen und „Studienbescheinigungen sämtlicher besuchter Universitäten“.

Bisher seien diese Gespräche „sehr kooperativ“ gewesen, sagt Hamburgs Polizeisprecher Reinhard Fallak.Es ginge darum, die Personen zu entlasten oder „weitere Anhaltspunkte zu bekommen“. Insgesamt seien 140 Briefe verschickt worden. Fallak: „Es handelt sich dabei um eine Bitte, die Personen sind nicht verpflichtet, zu kommen.“ Komme einer nicht, werde die Polizei „andere Wege gehen“.

Bei den Studentenvertretungen der Hamburger Hochschulen stößt das Vorgehen auf Empörung: „Hier werden Menschen ohne konkreten Tatverdacht gezwungen, Persönliches preiszugeben“, kritisiert Yavuz Fersoglu vom Asta der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP). Menschen würden auf diese Art als „gefährlich“ gebrandmarkt und gerieten „erheblich unter Druck“. Beim HWP-Asta haben bereits drei Betroffene um Rechtsberatung gebeten.

KAIJA KUTTER

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