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PRESS-SCHLAG1+1=2, dummerweise

■ Bei den Handballern sorgt der Anschluß der DDR für ein ordentliches Durcheinander

Ja was denn nun, sind wir jetzt ein Deutschland oder zwei Deutschlands? Bevor Axel Cäsar Springer bei dieser Frage anfängt, heftig in der Gruft herumzutoben, soll ohne Verzug ihr Urheber ins Spiel gebracht werden: Michael Wiederer heißt er, Generalsekretär des Österreichischen Handball- und Faustball-Bundes (ÖHB). Der nämlich richtet 1992 das B-Turnier der Handballer aus, bei dem die ersten vier sich für die A-WM 1993 in Schweden qualifizieren. Und dazu sagt Wiederer den ganz unschuldigen Satz: „Wir gehen nach unserem derzeitigen Wissenstand davon aus, daß die DHB-Auswahl 1992 dabei ist.“

Welche DHB-Auswahl? Eigentlich hat Wiederer ja recht. Die deutschen Handballer (West) sind zweitklassig, bestenfalls, und wenn am kommenden Sonntag in Wien die Gruppen ausgelost werden, müßte der DHB mit ins Töpfchen. Bloß, wenn sich am 1.Januar 1991 die Handball-Verbände Ost (DHV) und West (DHB) zusammenschließen, gehört die Neugründung zur Handballcreme.

Das ist eine durchaus demokratische Lösung: Der DHB bringt in die Vereinigung den Namen ein und der DHV das Leistungsvermögen. Die DDR-Handballer nämlich sind durch ihr Abschneiden bei der Weltmeisterschaft in Prag längst qualifiziert für die Olympischen Spiele '92 und die nächste WM, und diese herrlichen Startplätze wollen sich die Westler nicht entgehen lassen. Sie haben ja recht: Wo außer im Handball kann denn die DDR so richtig was einbringen?

Für Michael Wiederer ist das gar nicht schön. Er hat mit Linz und Innsbruck für das DHB-Team die feinsten Hallen bereitgestellt, und das nicht ganz ohne eigennützigen Gedanken: Wo die Westdeutschen spielen, kommen Zuschauer, kommt das Fernsehen, kommt das Geld. Und jetzt soll ihm diese Kausalkette der Vereinigung wegen so einfach zerfetzen? Nur, wie würde das aussehen, wenn 1993 tatsächlich zwei deutsche Mannschaften aus einem Verband bei der WM spielen müßten — womöglich noch gegeneinander?

Herr Wiederer mag sich trösten. Er ist nicht der einzige, dem die gefallenen Grenzen Sorgen bereiten. Innerdeutsch ist der Kuddelmuddel nicht geringer. Seit einer Woche spielt die Bundesliga, und noch ist unklar, wie der Auf- und Abstieg für 78 Bundesligisten der ersten und zweiten Ligen geregelt werden soll. Klaus Schorn, Manager von TuSEM Essen, hat erstmal einen „Brandbrief“ geschrieben, um die „unverantwortliche Aufblähung“ zu beklagen.

Ihn plagt ein mathematisches Problem. 1+1=2, dummerweise. Denn die DDR bringt ja nicht nur die prima Startplätze mit nach Großdeutschland, sondern auch Ligateams, leider. Wohin damit? So leicht wie bei den Fußballern geht das nicht, einfach zwei Ost-Mannschaften integrieren, und die sollen dann auch noch dankbar sein. Dazu sind die DDRler zu gut. Aber andererseits müssen die Klubs im Westen einfach wissen, worauf sie sich wirtschaftlich einlassen müssen in naher Zukunft: Profi, Halbprofi, Amateur?

Soll doch Gerhard Löwenthal die ganzen Probleme lösen, der hat sie doch vierzig Jahre lang herbeibeschwört, die vereinigten deutschen Handballer. Herr Thömmes

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