+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Türkei hält Getreidefrachter an

Am Schwarzen Meer stoppt die Türkei ein mit Getreide beladenes russisches Schiff. Kiew hat Moskau wiederholt beschuldigt, Ukraines Weizen zu stehlen.

Zwei bewaffnete Männer in Militäruniform stehen in einem dunkelgelben Weizenfeld

Ein begehrtes (Diebes-)Gut: Russische Soldaten in einem ukrainischen Weizenfeld Foto: ap

Türkei hält russischen Getreidefrachter an

Die Türkei hat am Schwarzmeerhafen Karasu nach Angaben der Betreiberfirma ein unter russischer Flagge fahrendes Schiff mit Getreide angehalten. Der Zoll habe dem Frachter „Zhibek Zholy“ vor der türkischen Schwarzmeerstadt die Weiterfahrt vorerst verweigert, sagte ein Verantwortlicher der Hafenfirma IC Ictas auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Montag.

Der ukrainische Botschafter in der Türkei, Wassyl Bondar, hatte am Vortag im ukrainischen Fernsehen gesagt, dass am Montag über das weitere Schicksal des Schiffes entschieden werde. Die Ukraine hoffe, dass das Schiff beschlagnahmt und das Frachtgut konfisziert werde.

Nach Angaben des Online-Ortungssystems Marinetraffic kam der Frachter von der russischen Küstenstadt Noworossijsk. Der von Russland eingesetzte Chef der besetzten südukrainischen Region Saporischschja, Jewgeni Balizki, schrieb jedoch beim Nachrichtendienst Telegram, dass der Frachter am vergangenen Donnerstag aus dem Hafen Berdjansk abgelegt habe.

Die internationale Gemeinschaft fordert von Russland seit Wochen, den Export von ukrainischem Getreide zu ermöglichen. Die Ukraine beklagt, dass durch die russische Kriegsmarine ihre Häfen im Schwarzen Meer blockiert seien. Kiew beschuldigt Russland zudem, ukrainisches Getreide zu stehlen. Moskau weist das zurück. Beide Länder gehören zu den größten Weizenexporteuren. (dpa)

Putin ordnet nach Einnahme von Luhansk Fortsetzung der Offensive an

Russlands Präsident Wladimir Putin hat nach der Einnahme der Region Luhansk die Fortsetzung der russischen Militäroffensive in der Ukraine angeordnet. „Die Militäreinheiten, einschließlich der Ost- und Westgruppe, müssen ihre Aufgaben gemäß den genehmigten Plänen erfüllen“, wies Putin Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Montag an. Der Verteidigungsminister hatte den Staatschef am Wochenende informiert, dass die russischen Truppen nun die vollständige Kontrolle über die ostukrainische Region Luhansk hätten.

Für den Kreml ist dies mehr als vier Monate nach der Entsendung von Truppen in die Ukraine ein wichtiger militärischer Sieg. Die Soldaten, die am Luhansk-Feldzug beteiligt waren, sollten „sich ausruhen und ihre Einsatzfähigkeiten wieder aufbauen“, sagte Putin.

Russland hatte sein ursprüngliches Ziel – die Einnahme der ukrainischen Hauptstadt Kiew – wegen des hartnäckigen Widerstands der Ukraine aufgegeben. Inzwischen konzentriert sich die russische Armee darauf, die vollständige Kontrolle über die Regionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine zu erlangen. (afp)

Papst will wohl Ende Juli nach Moskau und Kiew reisen

Papst Franziskus will angesichts des Ukraine-Kriegs nach Kiew und Moskau reisen. Er hoffe, dass er beide Hauptstädte besuchen könne, sagte das Oberhaupt der Katholiken in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.

Nach der Rückkehr von seiner Kanada-Reise, die am 30. Juli endet, könne er sich vorstellen, in die Ukraine zu reisen. Zuvor wolle er sich aber nach Moskau begeben, „um zu versuchen, auf die eine oder andere Weise zu helfen“, sagte Franziskus.

Der Papst hat seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mehrfach „echte Verhandlungen“ über einen Waffenstillstand gefordert und seine Hilfe als Vermittler angeboten. (afp)

Britischer Geheimdienst rechnet mit zermürbenden Gefechten um Donezk

Die russischen Streitkräfte werden sich nach dem Abzug der ukrainischen Truppen aus der Stadt Lyssytschansk nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes die Eroberung von Donezk zum Ziel setzen. Das Verteidigungsministerium in London teilte unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse am Montag mit, der Konflikt im Donbass sei zermürbend und das werde sich in den kommenden Wochen wahrscheinlich nicht ändern.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Einnahme des gesamten Donbass zu einem der Hauptziele des Krieges in der Ukraine erklärt. (ap)

Russland rückt nach der Eroberung von Lyssytschansk weiter vor

Nach der Einnahme der einstigen Großstadt Lyssytschansk hat die russische Armee die gesamte Region Luhansk erobert. Im Osten der Ukraine rücken die Truppen nun auf das nächste Ziel vor, den Ballungsraum um Slowjansk. „In Richtung Slowjansk versuchen die Russen, die Kontrolle über die Ortschaften Bohorodytschne, Dolyna und Masaniwka herzustellen“, teilte der ukrainische Generalstab in Kiew am Montag mit. Die drei Ortschaften liegen weniger als 20 Kilometer im Norden und Nordosten von Slowjansk, auf der Südseite des Flusses Siwerskyj Donez.

Von Osten her haben die russischen Truppen nach diesen Angaben ebenfalls den Siwerskyj Donez überquert, der in der Region in einem Bogen verläuft. Dort versuche der Feind die ukrainischen Kräfte auf eine neue Verteidigungslinie zwischen Siwersk, Soledar und Bachmut zurückzudrängen, hieß es in dem Lagebericht. Diese drei Städte liegen etwa 30 bis 40 Kilometer östlich vom Ballungsraum Slowjansk-Kramatorsk, der als Hauptquartier der ukrainischen Verteidigungskräfte im Donbass gilt.

An anderen Frontabschnitten, sowohl im Norden um die Millionenstadt Charkiw als auch im Süden in den Schwarzmeerregionen Saporischschja, Cherson und Mykolajiw gab es nach ukrainischen Angaben trotz schwerer Artilleriegefechte keine nennenswerten Truppenbewegungen. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen. Russland hatte am Sonntag nach wochenlangen Kämpfen erklärt, die Stadt Lyssytschansk eingenommen zu haben. Die Ukraine bestätigte am Abend, dass sich ihre dortigen Truppen zurückziehen. (dpa/rtr)

Tote und Verletzte durch Beschuss in Slowjansk

Bei Raketenangriffen auf die ostukrainische Stadt Slowjansk wurden Bürgermeister Wadym Ljach zufolge sechs Menschen getötet und 15 verwundet. Ljach nannte die Attacke am Sonntag den „schwersten Angriff in jüngster Zeit“ auf die Großstadt in der Region Donezk. Unter den Toten sei ein Kind. Ljach zufolge wurden zivile Objekte getroffen – keine militärischen Einrichtungen. Beim Beschuss des ostukrainischen Gebiets Charkiw wurden dem regionalen Befehlshaber Oleg Sinegubow zufolge drei Menschen getötet und einer verletzt. (rtr)

🐾 Antidepressiva für den Elefanten

Russlands Krieg gegen die Ukraine trifft auch die Tiere im Kiewer Zoo. Dieser ist zugleich Zufluchtsort für Affe und Co. aus anderen Landesteilen, schreibt Anastasia Magasowa.

Hofreiter: Schützenpanzer oder zumindest gepanzerte Fahrzeuge liefern

Mit Blick auf die russische Offensive forderte der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), die Bundesregierung auf, Schützenpanzer oder zumindest gepanzerte Fahrzeuge ins Kriegsgebiet zu liefern. Dies sei angesichts des massiven Vorgehens Russlands im Osten der Ukraine dringend geboten, sagte er der Bild-Zeitung. Gepanzerte Fahrzeuge wie zum Beispiel „Marder“, „Fuchs“ oder „Dingo“ könnten hier ungezählte Leben retten. (rtr)

Kreml wirft Westen Kriegstreiberei vor

Russland warf dem Westen vor, Friedensverhandlungen mit der Ukraine zu verhindern und den Krieg damit in die Länge zu ziehen. „Jetzt ist der Moment, wo die westlichen Länder alles auf eine Fortsetzung des Kriegs setzen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Unter Führung der USA erlaube der Westen den Ukrainern „weder an Frieden zu denken noch darüber zu reden oder ihn zu besprechen“.

Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak reagierte mit den Worten, Russland kenne die Bedingungen für Verhandlungen: Waffenstillstand, Truppenabzug, die Rückkehr entführter Bürger, die Auslieferung von Kriegsverbrechern sowie ein Reparationsmechanismus und die Anerkennung der souveränen Rechte der Ukraine. „Die Zeit wird kommen, und wir werden sie auf Papier festhalten“, meinte Podoljak. (rtr)

Ukraine legt Wiederaufbauplan vor – Deklaration von Lugano geplant

Die ukrainische Regierung stellt an diesem Montag erstmals ihre Prioritäten für den Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes vor. Rund 40 potenzielle Geberländer sind bei dem Treffen in Lugano in der Schweiz vertreten, ebenso wie viele internationale Organisationen und Finanzinstitutionen. Beraten werden soll, wer welche Aufgabe übernehmen kann. Der Bedarf wird auf hunderte Milliarden Euro geschätzt. In einer „Erklärung von Lugano“ sollen die wichtigsten Prinzipien für den Wiederaufbau festgelegt werden.

„Der Wiederaufbau der Ukraine wird eine immense Aufgabe sein, die Jahrzehnte dauern und mehrere hundert Milliarden Euro kosten wird. Genau deshalb müssen schon jetzt über den Wiederaufbau sprechen“, sagte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze der dpa. Schon die Soforthilfe müsse die Grundlagen für nachhaltigen Wiederaufbau legen, um den Kurs der Ukraine Richtung Europäische Union zu bestärken, so Schulze. Ziele seien eine moderne Verwaltung, effektive Korruptionsbekämpfung, nachhaltige Infrastruktur und Energiesicherheit.

Auch der Getreideexport muss forciert werden. „Dann bekommt der ukrainische Bauer sein Geld, die Welt mehr Getreide und der ukrainische Staat Devisen“, sagt Josef Schmidhuber, stellvertretender Direktor der Abteilung Handel und Märkte der UN-Agrarorganisation FAO, der dpa. Rund 20 Millionen Tonnen Getreide können nicht exportiert werden, weil Russland die Schwarzmeerhäfen blockiert.

Hinzu kommen nach FAO-Schätzung bald 50 Millionen Tonnen am frischem Weizen, Mais, Gerste, Hafer, Roggen und andere Arten. Silos gibt es nur für etwa 60 Millionen Tonnen. Der Export über die Schiene ist mühsam, weil die ukrainische und polnische Eisenbahn andere Spurbreiten haben, an der Donau fehlen Abfertigungskapazitäten. Schmidhuber begrüßt deshalb Pläne, an der polnischen Grenze Silos zu bauen. (dpa)

Antisemitismus-Experte: Ukraine sollte Holocaust-Allianz beitreten

Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat die Ukraine zu einem Beitritt in die Internationale Allianz zum Holocaust-Gedenken (International Holocaust Remembrance Alliance – IHRA) aufgefordert. Anlass sind die Äußerungen des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, zum früheren ukrainischen Nationalistenführer Stepan Bandera (1909-1959). „Diese zwischenstaatliche Organisation ist das geeignete Forum, in dem die von Herrn Melnyk aufgeworfenen Fragen international differenziert ausdiskutiert werden können“, sagte Klein der Funke-Mediengruppe.

Die Ukraine habe sich hinsichtlich einer Mitgliedschaft in der IHRA bislang ablehnend gezeigt. „Die von Botschafter Melnyk ausgelöste Debatte sollte Anlass sein, nunmehr rasch eine Aufnahme anzustreben“, sagte er. (dpa)

Lukaschenko bekräftigt Verbundenheit zu Russland

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko bekräftigt seine enge Verbundenheit mit Russland. Belarus sei so eng mit der Russischen Föderation verbunden, „dass wir praktisch eine gemeinsame Armee haben. Aber das wussten Sie ja alles. Wir werden weiterhin mit dem brüderlichen Russland fest vereint sein“, sagt Lukaschenko bei einer Feier zum Jahrestag der Befreiung von Minsk durch sowjetische Truppen im Zweiten Weltkrieg. Er habe Putins Vorgehen gegen die Ukraine „vom ersten Tag an“ unterstützt.

„Lukaschenkos Aussage über eine gemeinsame Armee mit Russland ist vor allem für das belarussische Volk gefährlich“, sagt der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski. Ukrainische Beamte gehen von einer zunehmenden Verwicklung des ehemaligen Sowjetstaats in den Konflikt aus. (rtr)

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