+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: „Alle strategischen Ziele verfehlt“
In Davos betont Bundeskanzler Scholz, dass Putin den Krieg nicht gewinnen könne. Fast 30 Länder haben Probleme wegen hoher Lebensmittelpreise.
Kiew: Kämpfe im Donbass haben „maximale Intensität“ erreicht
Um den Donbass im Osten der Ukraine wird nach Angaben aus Kiew immer erbitterter gekämpft. „Der Kampf hat seine maximale Intensität erreicht“, sagte Vize-Verteidigungsministerin Ganna Malyar am Donnerstag. „Die feindlichen Truppen stürmen die Positionen unserer Truppen gleichzeitig aus mehreren Richtungen.“ Angesichts dieses Vorrückens der russischen Armee hätten die ukrainischen Soldaten „eine extrem schwierige und lange Kampfphase“ vor sich.
Russland hat seine Truppen aus dem Zentrum und Norden der Ukraine in den Osten verlagert, um dort seine militärischen Erfolge zu konsolidieren. Seitdem dringen russische Soldaten langsam, aber stetig immer tiefer in die Donbass-Region vor. Strategisch wichtige Städte wie Sewerodonezk und Lysytschansk werden von der russischen Armee belagert. (afp)
Buschmann: Eingefrorene russische Reserven für Wiederaufbau nutzen
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zeigt sich offen dafür, eingefrorene russische Währungsreserven für den Wiederaufbau in der Ukraine zu nutzen. „Es wäre ein ungewöhnlicher Schritt“, sagt er dem Handelsblatt. „Aber der russische Staat verstößt gegen fundamentale Regeln des Völkerrechts und nimmt auch massive Schäden an Leib und Leben außerhalb der Ukraine in Kauf.“ Es sei richtig, „dass die Völkergemeinschaft sich überlegt, ob und wie der Aggressorstaat daran beteiligt werden kann, diese Schäden wenigstens zu reduzieren.“ Kritischer sieht er einen solchen Schritt bei den Vermögen der Oligarchen, wie ihn die EU-Kommission erwägt. „Eine solche Einziehung müsste die Vorgaben des Grundgesetzes und des Europäischen Rechts wahren.“ Enteignungen müssten nach dem Grundgesetz, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Europäischen Grundrechtecharta entschädigt werden. Darum wäre wenig gewonnen, wenn man jemandem ein Schiff wegnähme, aber den Wert ausgleichen müsse. (rtr)
Liz Truss: Putin erpresst die Welt mit Hunger
Die britische Außenministerin Liz Truss wirft dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, die Welt mit der Lieferung von Lebensmitteln zu erpressen. Es sei entsetzlich, wie er Hunger und Nahrungsmangel unter den ärmsten Menschen der Welt als Waffe einsetze, sagt sie bei einem Besuch in Bosnien. „Das dürfen wir einfach nicht zulassen. Putin muss die Blockade des ukrainischen Getreides aufheben.“ Am Mittwoch hat der russische Vize-Außenminister Andrej Rudenko erklärt, Russland sei bereit, einen Korridor für Schiffe, die Getreide aus der Ukraine bringen sollen, einzurichten. Im Gegenzug müssten aber einige Sanktionen gegen Russland aufgehoben werden. Das lehnt Truss ab: „Was wir nicht haben können, ist eine Aufhebung der Sanktionen, eine Beschwichtigung, die Putin langfristig nur stärker macht.“ (rtr)
Wie wird der Krieg in den Ländern der ehemaligen UDSSR wahrgenommen? Die taz glaubt daran, dass jede:r das Recht auf diese Informationen hat. Damit möglichst viele Menschen von den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine lesen können, veröffentlichen wir die Texte unserer Kolumne „Krieg und Frieden“ daher auf Deutsch und auch auf Russisch.
Scholz: Putin hat alle strategischen Ziele in Ukraine verfehlt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich erneut überzeugt davon gezeigt, dass der russische Präsident Wladimir Putin den Krieg in der Ukraine nicht gewinnen wird. „Schon jetzt hat er alle seine strategischen Ziele verfehlt“, sagte Scholz am Donnerstag in seiner Rede zum Abschluss der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos in der Schweiz. „Eine Einnahme der gesamten Ukraine durch Russland scheint heute weiter entfernt als noch zu Beginn des Krieges. Mehr denn je betont die Ukraine ihre europäische Zukunft.“
Zudem habe die „Brutalität des russischen Kriegs“ die ukrainische Nation enger zusammengeschweißt als je zuvor und zwei Staaten zur Annäherung an die Nato bewogen: „Mit Schweden und Finnland wollen sich zwei enge Freunde und Partner dem nordatlantischen Bündnis anschließen. Sie sind herzlich willkommen!“, sagte der Kanzler. Putin habe auch die Geschlossenheit und Stärke unterschätzt, mit der die Gruppe der sieben großen Industrienationen (G7), die Nato und die EU auf seine Aggression reagiert hätten.
Putin wolle zurück zu einer Weltordnung, in der der Stärkere diktiere, was Recht sei, sagte Scholz. „Das ist der Versuch, uns zurückzubomben in eine Zeit, als Krieg ein gängiges Mittel der Politik war.“ Das Weltwirtschaftsforum in Davos geht an diesem Donnerstag nach vier Tagen zu Ende. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine dauert inzwischen schon mehr als drei Monate. (dpa)
Fast 30 Länder haben wegen Lebensmittelpreisen Probleme
Durch die als Folge des Ukrainekrieges gestiegenen Nahrungsmittelpreise auf den Weltmärkten geraten immer mehr Länder nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Schwierigkeiten. „Inzwischen haben fast 30 Länder wegen der Nahrungsmittelpreise Probleme mit ihrer Zahlungsbilanz bekommen“, sagt IWF-Chefin Kristalina Georgiewa dem Spiegel. „Einige von ihnen haben uns um Unterstützung gebeten. Ihnen helfen wir mit einem speziellen Fonds für arme Länder zu null Prozent Zinsen.“ Zudem werde geprüft, was internationale Institutionen tun könnten, um die Nahrungsmittelproduktion effizienter zu machen: „Wir müssen das Angebot ausweiten.“ (rtr)
Ukraine: Russische Großoffensive im Donbass geht voran
Russische Truppen haben nach ukrainischen Angaben mehr als 40 Städte im Donbass angegriffen und bedrohen damit den letzten großen Fluchtweg für die Zivilbevölkerung aus dem Osten der Ukraine. In den Regionen Donezk und Luhansk seien mehr als 47 zivile Einrichtungen zerstört oder beschädigt worden, teilten die ukrainischen Streitkräfte am Donnerstag auf Facebook mit. Darunter seien 38 Wohnhäuser und eine Schule. „Als Folge des Beschusses wurden fünf Zivilisten getötet und zwölf verletzt.“ Der ukrainische Präsident Selenski erklärte, die russischen Soldaten seien den eigenen Truppen in einigen Teilen des Ostens „zahlenmäßig weit überlegen“.
Russland konzentriert seine Offensive auf den Donbass, nachdem es ihm nicht gelungen ist, die ukrainische Hauptstadt Kiew oder die zweitgrößte Stadt Charkiw einzunehmen. Nun versuchen seine Truppen, den Donbass vollständig zu erobern, wo bereits seit 2014 pro-russische Separatisten die dortigen Regionen Donezk und Luhansk weitgehend unter Kontrolle haben. Russland hat Tausende Soldaten in das Gebiet geschickt und greift von drei Seiten an. Ziel ist es, die ukrainischen Streitkräfte einzukesseln, die sich in Siewierodonezk und Lysytschansk aufhalten. Fielen die Zwillingsstädte, erhielte Russland die Kontrolle über die gesamte Region Luhansk. Für die Führung in Moskau wäre damit ein wichtiges Kriegsziel erreicht.
Das ukrainische Militär teilte jedoch mit, es seien zehn Angriffe abgewehrt worden. Vier Panzer und vier Drohnen seien zerstört sowie 62 feindliche Soldaten getötet worden. Unabhängig bestätigen lassen sich die Angaben nicht. (rtr)
Selenski will keine territorialen Zugeständnisse machen
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski weist Vorschläge scharf zurück, die Regierung in Kiew solle zur Beendigung des Krieges Russland gegenüber territoriale Zugeständnisse machen. „Was auch immer der russische Staat tut, es wird sich immer jemand finden, der sagt: Lasst uns seine Interessen berücksichtigen“, sagt Selenski in einer Videoansprache am späten Abend. Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger hatte diese Woche auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vorgeschlagen, die Ukraine solle Russland die 2014 annektierte Krim überlassen. „Man hat den Eindruck, dass Herr Kissinger nicht das Jahr 2022 auf seinem Kalender stehen hat, sondern das Jahr 1938, und dass er glaubt, er spreche nicht in Davos, sondern in München zu einem Publikum von damals.“
1938 schlossen Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland in München einen Pakt, der Adolf Hitler Land in der damaligen Tschechoslowakei zusprach, um ihn zum Verzicht auf weitere Gebietserweiterungen zu bewegen. „Diejenigen, die der Ukraine raten, Russland etwas zu geben, diese ‚großen weltpolitischen Figuren‘, sehen nie die gewöhnlichen Menschen, die gewöhnlichen Ukrainer, die Millionen, die auf dem Gebiet leben, das sie für einen illusorischen Frieden eintauschen wollen.“ (rtr)
Deutsche Bahn will die Ukraine bei Getreideexport unterstützen
Die Deutsche Bahn (DB) will die Ukraine stärker beim Getreideexport unterstützen. „Angesichts der drohenden Hungersnot in Teilen der Welt und des enormen Bedarfs, Millionen von Tonnen ukrainisches Getreide in die Welt zu exportieren, werden wir als DB Cargo in Abstimmung mit dem Bund weitere Aufträge und Zugfahrten organisieren“, sagt DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag).
Zurzeit fahre DB Cargo mit Tochtergesellschaften in Polen und Rumänien mehrere Züge täglich mit Getreide an verschiedene Seehäfen. „Nun geht es darum, diese Agrarexporte auszuweiten. Ziel sind tragfähige Verbindungen bis an die Seehäfen der Nordsee und des Schwarz- und Mittelmeeres.“ Wegen der Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen durch Russland ist die Ukraine dringend auf alternative Exportwege angewiesen, um Getreide ins Ausland zu exportieren. Zurzeit stecken in der Ukraine nach Angaben der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) knapp 25 Millionen Tonnen Getreide fest. (rtr)
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