+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Frachter erreicht Istanbul
Das erste Containerschiff seit der russischen Nicht-Verlängerung des Deals hat das Schwarze Meer überquert. Außerdem explodierte eine Drohne in Moskau.
Strack-Zimmermann: zügig über Taurus entscheiden
Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat sich für eine schnelle Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ausgesprochen. Sie sagte am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“: „Wir entscheiden, und wir müssen schnell entscheiden.“ Die Ukraine müsse die Marschflugkörper schnell bekommen. Strack-Zimmermann erinnerte daran, dass in der Ukraine jeden Tag Menschen sterben, Kinder verschleppt und Frauen vergewaltigt würden. Eine monatelange Diskussion könne man sich deshalb nicht erlauben.
Die Ukraine fordert seit Längerem von der rot-grün-gelben Bundesregierung die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper für die Verteidigung gegen Russland. Kanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich am Sonntag zurückhaltend. Im ZDF-„Sommerinterview“ sagte er, so wie in der Vergangenheit werde die Bundesregierung jede einzelne Entscheidung immer sehr sorgfältig überprüfen – was gehe, was Sinn mache, was der deutsche Beitrag sein könne. Strack-Zimmermann erklärte dazu: „Wenn man schon sagt, was der Kanzler ja auch gesagt hat, er stünde an der Seite der Ukraine, wir würden alles machen, um ihr zu helfen, ist es Zeit, auch hier grünes Licht zu geben.“
Es gibt Befürchtungen, dass die Geschosse auch russisches Territorium erreichen könnten. Strack-Zimmermann sagte: „Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Ukraine in den anderthalb Jahren sich immer an die Regeln gehalten hat. Und ein solcher Marschflugkörper wird nicht einfach unter das Flugzeug gehängt und einfach mal so abgeschossen, sondern er wird programmiert.“ Die Marschflugkörper sollten dazu dienen, russischen Nachschub im Krieg gegen die Ukraine zu zerstören. (dpa)
Ukrainische Drohne beschädigt Gebäude in Moskau
Eine ukrainische Drohne hat nach russischen Angaben ein Gebäude im Zentrum Moskaus beschädigt. „Gegen 04.00 Uhr morgens Moskauer Zeit hat das Kyjiwer Regime einen weiteren Terroranschlag mit einem unbemannten Luftfahrzeug auf Objekte in Moskau und der Region Moskau verübt“, teilte das Verteidigungsministerium am Freitag mit. Verletzte habe es nicht gegeben. Ein Reuters-Mitarbeiter berichtete, er habe eine starke Explosion gehört. Auf Bildern ist zu sehen, wie Arbeiter und Rettungskräfte das Dach des nicht bewohnten Gebäudes untersuchen.
Den Angaben zufolge wurde die Drohne zerstört, ihre Trümmer seien auf ein Gebäude im Expo Center gefallen. Der Komplex umfasst Ausstellungspavillons sowie Mehrzweckhallen und liegt weniger als fünf Kilometer vom Kreml entfernt. Der Flugverkehr auf den vier großen Flughäfen rund um die Hauptstadt – Wnukowo, Domodedowo, Scheremetjewo und Schukowski – wurde kurzzeitig unterbrochen. Sieben Flüge wurden auf andere Flughäfen umgeleitet.
Die Regierung in Kyjiw nahm zunächst zu dem Drohnenangriff nicht Stellung. Sie äußert sich üblicherweise nicht dazu, wer hinter den Angriffen auf russisches Territorium steckt. Die Attacken mit Drohnen in Russland weit entfernt von der Front in der Ukraine haben zugenommen. Anfang Mai wurde eine Drohne über dem Kreml abgeschossen. Seitdem wurden mehrfach Gebäude in Moskau durch Drohnen beschädigt. Sowohl die Ukraine als auch Russland bestreiten, in dem fast 18-monatigen Krieg Zivilisten und zivile Infrastrukturen angegriffen zu haben. (rtr)
In der Ukraine gestarteter Frachter erreicht Istanbul
Ein im ukrainischen Odessa gestartetes Containerschiff hat Istanbul erreicht. Die „Joseph Schulte“ durchfuhr am Freitag den Bosporus, wie ein Reuters-Augenzeuge berichtete. Die Meerenge verbindet das Schwarze Meer mit dem Mittelmeer. Laut Lokalmedien soll der Frachter im Hafen von Ambarli im Süden Istanbuls anlegen.
Das vom deutschen Unternehmen Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) betreute Schiff hatte über rumänische und bulgarische Hoheitsgewässer türkisches Gebiet erreicht. Das Containerschiff lag seit dem 23. Februar 2022 in der ukrainischen Hafenstadt vor Anker und war dann am Mittwoch Richtung Istanbul aufgebrochen. Das Schiff gehört einer chinesischen Bank und der Hamburger Firma Bernhard Schulte. BSM sei den verschiedenen beteiligten Parteien dankbar, die eine sichere Passage des Schiffs ermöglichten.
Vergangene Woche hat die Ukraine die Einrichtung eines „humanitären Korridors“ im Schwarzen Meer angekündigt. Durch diese Passage sollen Frachtschiffe, die seit Kriegsbeginn in Häfen festsitzen, das Land trotz russischer Drohungen verlassen können. (rtr)
USA: Dänemark und Niederlande sollen F-16 liefern
Die US-Regierung will Dänemark und den Niederlanden eine schnelle Weitergabe von US-Mehrzweckkampfflugzeugen des Typs F-16 an die Ukraine ermöglichen. Man habe beiden Ländern zugesichert, dass Anträge auf Genehmigung so beschleunigt würden, dass die Kampfjets an Kyjiw geliefert werden könnten, sobald die Ausbildung der ukrainischen Piloten und Techniker abgeschlossen sei, bestätigte ein Sprecher des US-Außenministeriums der Deutschen Presse-Agentur in Washington. „Wir wissen es zu schätzen, dass Dänemark und die Niederlande diese Koalition zur Ausbildung ukrainischer Piloten anführen“, hieß es.
Die Ukraine hatte zuvor erklärt, in diesem Jahr nicht mehr mit den lange erbetenen F-16-Jets zu rechnen. „Es ist offensichtlich, dass wir die Ukraine in diesem Herbst und Winter nicht mit den F-16 verteidigen können“, sagte Luftwaffensprecher Jurij Ihnat im ukrainischen Fernsehen. Ein Fortschritt sei immerhin, dass ukrainische Piloten und Techniker „in nächster Zeit“ mit der Ausbildung auf den Jets beginnen könnten, wurde Ihnat von ukrainischen Medien in der Nacht auf Donnerstag zitiert.
Innerhalb der Nato hat sich im Sommer eine von Dänemark und den Niederlanden geführte Koalition gebildet, um ukrainische Piloten für die Nutzung der F-16 auszubilden. Dem haben auch die USA zugestimmt. Aus Beständen in den Niederlanden, Belgien, Dänemark oder Norwegen könnten später auch Flugzeuge abgegeben werden, hieß es damals. Die USA müssen die Übergabe der Militärjets von ihren Verbündeten an die Ukraine genehmigen, weil die Maschinen von der US-Firma Lockheed Martin gebaut werden und sensible Technologie an Bord haben. Deshalb hat Washington auch ein Mitspracherecht dabei, wer daran ausgebildet wird.
Allerdings ist die zugesagte Ausbildung zwischen den Beteiligten noch nicht organisiert. Die derzeitige Bodenoffensive ukrainischer Truppen leidet unter dem fehlenden Schutz aus der Luft und kommt weniger schnell voran als in Kyjiw erhofft. (dpa)
Selenski kündigt Rüstungsindustrieschau im Herbst an
Präsident Wolodimir Selenski hat für den Herbst ein „Forum der Rüstungsindustrie“ in der Ukraine angekündigt. „Zum ersten Mal wird auf der Staatsebene eine Veranstaltung von solchem Ausmaß stattfinden“, sagte Selenski am Donnerstag bei seiner täglichen Abendansprache via Telegram. Bei der Veranstaltung sollen ukrainische und ausländische Rüstungshersteller ihre Produktion präsentieren.
Selenski zufolge können dabei auch Möglichkeiten für neue Produktionsstätten in der Ukraine ausgelotet werden. Zudem sollen bei der Veranstaltung die bisherigen Errungenschaften des militärisch-industriellen Komplexes der Ukraine vorgezeigt werden. „Nationen haben das Recht auf Verteidigung. Wir bauen das Arsenal der Freien Welt gemeinsam“, führte der ukrainische Präsident aus.
Bei seiner Ansprache dankte er auch Deutschland für die jüngste Lieferung von Startgeräten für das Flugabwehrsystem Iris-T. „Es ist ein kraftvolles und notwendiges Flugabwehrsystem. Ich danke Deutschland für die Hilfe beim Schutz gegen den russischen Terror“, sagte Selenski.
Deutschland hatte am Donnerstag bekannt gegeben, dass es der von Russland angegriffenen Ukraine weitere Militärgüter geliefert hat – darunter zwei Startgeräte der Kurzstreckenvariante von Iris-T. (dpa)
Selenski begrüßt neuen deutschen Botschafter
Der neue deutsche Botschafter in der Ukraine, Martin Jäger, hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski sein Beglaubigungsschreiben überreicht. „Wir unterstützen die Ukraine in ihrem Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit“, schrieb Jäger am Donnerstag zu diesem Anlass auf der Online-Plattform X, die vorher Twitter hieß. Der 59-jährige Diplomat hatte bereits im Juli als Botschafter in Kyjiw die Nachfolge von Anka Feldhusen angetreten.
Der ukrainische Präsident begrüßte bei der Zeremonie auch die neuen Botschafter von Indonesien, Schweden, Chile, Kolumbien und Peru. In seinem Telegram-Kanal gab Selenski an, mit jedem von ihnen ein separates Gespräch zu Landesbeziehungen und dem Schutz des Völkerrechts geführt zu haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“