+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Schub bei deutschen Rüstungsexport-Genehmigungen an Israel
Die Bundesregierung hat dieses Jahr Waffenlieferungen an Israel im Wert von 45 Millionen Euro genehmigt. Die UN warnen vor Hungersnot im Gazastreifen.
Bundesregierung liefert Israel Waffen im Wert von 45,74 Millionen Euro
Die Bundesregierung hat in den vergangenen acht Wochen Rüstungsexporte im Wert von rund 31 Millionen Euro für Israel genehmigt. Das ist mehr als doppelt so viel wie in den ersten siebeneinhalb Monaten des Jahres. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Wirtschaftsministeriums und früheren Antworten auf parlamentarische Anfragen hervor.
Nach dem Bericht des Ministeriums an den Wirtschaftsausschuss wurden bis zum 13. Oktober Genehmigungen in einem Umfang von 45,74 Millionen Euro erteilt. Bis zum 21. August hatte der Gesamtwert noch bei 14,46 Millionen Euro gelegen, wie es in einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage von BSW-Abgeordneten geheißen hatte. Es handelt sich um vorläufige Zahlen, die im Nachhinein noch korrigiert werden können. Zwischen März und dem 21. August zumindest hatte die Bundesregierung keine Kriegswaffenexporte nach Israel mehr genehmigt.
Im Bericht an den Ausschuss werden zwar Güterkategorien genannt, die unter anderem Munition, Bomben und Kriegsschiffe umfassen. Statt Genehmigungen für Waffenlieferungen kann es sich hier aber auch um Erlaubnisse zur Lieferung etwa von Ersatzteilen handeln. Ob und welche unter den genehmigten Gütern auch Kriegswaffen sind, ist unklar. Das Ministerium macht dazu unter Verweis auf die Vertraulichkeit von Entscheidungen des Bundessicherheitsrats keine Angaben. „Einen Rüstungsexportstopp nach Israel gibt es nicht“, betont das Ministerium in seinem Bericht an den Ausschuss erneut. (dpa)
Die UN warnen vor einer Hungersnot im Gazastreifen
Die Vereinten Nationen warnen angesichts des nahenden Winters und fehlender humanitärer Hilfe vor einer Hungersnot im Gazastreifen. „Der Hunger in Gaza ist künstlich erzeugt worden, er ist vermeidbar. Wir kennen die Lösung dafür“, sagte der Generalkommissar des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), Philippe Lazzarini am Mittwoch in Berlin. Es müssten mehr Lebensmittelkonvois in das palästinensische Gebiet gelassen werden.
In den vergangenen drei Wochen, mit einer Ausnahme am Dienstag, hat Israel keine Konvois in den Norden des Gazastreifens gelassen, so Lazzarini. Dort gibt es immer noch schwere Gefechte und rund 400.000 Menschen können das Gebiet nicht verlassen.
Der Rest der insgesamt zwei Millionen Palästinenser*innen sind in den Süden geflohen. Auch dort lässt die israelische Armee an den Kontrollpunkten nur 50 bis 60 Lebensmittelkonvois in den Gazastreifen, sagte Lazzarini.
Die benötigte Zahl sei jedoch viel höher. Der Chef des UN-Hilfswerks ist besorgt über die Situation der humanitären Helfer*innen. 229 der insgesamt 300 getöteten humanitären Helfer*innen seit Oktober 2023 seien Mitarbeitende von UNRWA gewesen.
„Der Gazastreifen versetzt selbst die erfahrensten humanitären Helfer in Schrecken“, sagte Lazzarini. Es sei zu einer Art unbewohnbaren Ödlands geworden, in dem Menschen ums Überleben kämpften. Besonders prekär sei die Lage von Kindern, die zwischen „Abwasser und Bergen von Müll“ lebten.
Lazzarini kritisierte deutlich die Pläne des israelischen Parlaments zum Verbot der UNRWA in den besetzten Palästinensischen Gebieten. Ein solcher Schritt bedeute eine Schwächung des multilateralen Systems. Lazzarini forderte die UN-Mitgliedsstaaten auf, sich nicht nur für einen Waffenstillstand einzusetzen, sondern einen „echten, politischen Prozess“ in Gang zu setzen. (epd)
USA, Israel und Emirate arbeiten an Plan B für Gaza
US-Außenminister Antony Blinken erwägt einen Nachkriegsplan für den Gazastreifen, der auf Ideen Israels und der Vereinigten Arabischen Emirate basiert. Das sagten US-Beamte dem Nachrichtenportal Axios am Mittwoch. Der Plan soll nach den amerikanischen Präsidentschaftswahlen vorgelegt werden. Palästinensische Vertreter waren an der Entstehung nicht beteiligt.
Die größte Kluft zwischen Israel und den Emiraten bestünde in der genauen Rolle der Palästinensischen Autonomiebehörde.
Der Plan sehe die Entsendung einer zeitlich befristeten internationalen Mission in den Gazastreifen vor, die humanitäre Hilfe leisten, Recht und Ordnung herstellen und die Grundlagen für eine Regierungsführung schaffen sollte. Die Emirate schlugen vor, Soldaten als Teil einer internationalen Truppe nach Gaza zu entsenden.
Die Emiratis sollen ursprünglich vorgeschlagen haben, der Plan solle auf einer Einigung der politischen Führungen über eine Zweistaatenlösung beruhen.
Israelische Beamte erklärten, Netanjahu hätte die Beteiligung der Palästinensischen Autonomiebehörde im Gazastreifen und die Vision einer Zweistaatenlösung abgelehnt.
Die Emirate wollen, dass der Premierminister der Palästinensischen Autonomiebehörde eine palästinensische Person ernennt, die den Übergang im Gazastreifen leitet, so emiratische Beamte.
Die Israelis würden eine mögliche Rolle der Palästinensischen Autonomiebehörde nur langfristig in Betracht ziehen, so amerikanische und israelische Beamte.
Einige im Außenministerium, darunter auch Blinken, seien der Meinung, dass ein Geisel- und Waffenstillstandsabkommen vor dem Ende der Biden-Administration nicht mehr möglich sei, so Axios.
Andere Beamte des Außenministeriums hielten das Konzept für „unklug“, da es nur den Interessen des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu diene und von den Palästinenser*innen zwangsläufig abgelehnt werden und scheitern würde.
Bereits seit Juli 2023 sollen Vertreter der drei Länder über solch einen Plan B diskutieren. In den vergangenen Wochen seien die Diskussionen über den israelisch-emiratischen Plan wieder in Gang gekommen, sagten die Beamten gegenüber Axios.
Ein hochrangiger Beamter der Palästinensischen Autonomiebehörde erklärte gegenüber Axios, dass die Palästinensische Autonomiebehörde dem israelisch-emiratischen Plan sehr misstrauisch gegenüberstehe und betonte, dass er nicht glaube, dass er in der Region Unterstützung finden könne. (june)
Israels Luftwaffe attackiert Südbeirut
Ungeachtet scharfer Kritik aus den USA hat Israel seine Angriffe auf Vororte der libanesischen Hauptstadt Beirut nach fast einwöchiger Pause wieder aufgenommen. Israelische Militärflugzeuge haben am Mittwochmorgen ein Wohngebäude in Haret Hreik in Südbeirut angegriffen. Die Zahl der Opfer ist noch unklar, berichten libanesische Staatsmedien.
Am Dienstag erst erklärte Libanons Ministerpräsident Nadschib Mikati, die US-Regierung habe ihm zugesichert, dass Israel seine Angriffe auf Beirut verringern werde. Die US-Regierung hatte Luftschläge auf Beirut zuvor ungewöhnlich deutlich kritisiert. „Wir haben Israel unmissverständlich mitgeteilt, dass wir ihre fast täglichen Angriffe in dicht besiedelten Gebieten in Beirut ablehnen“, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby.
Unter dem Wohngebäude befände sich ein Waffenlager der Hisbollah, sagte das israelische Militär, ohne Beweise vorzulegen. Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AP, der die Angriffe miterlebte, sagte, es habe drei davon in der Gegend gegeben. Der erste Angriff erfolgte weniger als eine Stunde nach der Ankündigung des israelischen Militärs.
Die israelischen Streitkräfte hatten den Angriff auf der Plattform X angekündigt. Die Evakuierungswarnungen des israelischen Militärs an die Bewohnenden in Südbeirut und im Südlibanon sind laut Amnesty International oft unzureichend und in einigen Fällen auch irreführend. Vorankündigungen würden nicht von der Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht entbinden, niemals Zivilist*innen anzugreifen, so die Menschenrechtsorganisation.
Im Südlibanon griff die israelische Luftwaffe am Mittwoch Kana im Südlibanon an. Zehn Menschen wurden getötet und 15 verletzt, meldet die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA. Ein Sprecher des libanesischen Zivilschutzes, Nuhad Bustandschi, sagte dagegen, ein Mensch sei getötet worden, und 34 verletzt. Die Zahl der Toten werde wahrscheinlich noch steigen, weil die Rettungsarbeiten andauerten. Es war nicht möglich, die unterschiedlichen Angaben zu klären.
Libanesische Medien meldeten am Mittwochmorgen zudem 15 israelische Beschüsse auf Gemeinden rund um die Stadt Nabatäa im Südlibanon. Vier Menschen wurden getötet, darunter der Präsident der Gemeinde, Ahmad Kahil. Das meldet das libanesische Gesundheitsministerium. Durch die Angriffe habe sich ein Feuerring um die Stadt gebildet, sagte die Gouverneurin Howaida Turk. Bereits am Wochenende war das Geschäftszentrum von Nabatijeh bei einem israelischen Luftangriff zerstört worden. (ap, afp)
Christ*innen verlassen Israel und Palästinenser-Gebiete
Durch den Krieg in Israel und in den palästinensischen Gebieten wandern mehr junge Christ*innen aus Israel und den palästinensischen Gebieten aus, beobachtet das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“. „Viele junge Leute haben keine Hoffnung mehr. Sie stellen Heirat und Familiengründung zurück und versuchen, das Land zu verlassen“, sagte die Leiterin der Sozialdienste im Lateinischen Patriarchat von Jerusalem, Dima Khoury am Mittwoch. Eine Delegation von „Kirche in Not“ hatte Israel besucht. Nach Angaben des Hilfswerks liegt die Zahl der Christ*innen in den palästinensischen Gebieten bei etwa 50.000, in Israel unter 180.000, darunter sind zahlreiche arabische Christ*innen mit israelischer Staatsbürgerschaft.
Die Tendenz zur Abwanderung halte seit Jahren an und habe sich durch die Anschläge der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und den darauffolgenden Krieg verstärkt. Im Westjordanland habe sich die Situation für viele Christen verschärft.
Laut dem Hilfswerk hatten vor dem Krieg rund 180.000 Palästinenser*innen eine Arbeitserlaubnis für Israel. Diese seien aus Sicherheitsgründen zunächst alle widerrufen und bislang nur für etwa 10.000 Personen erneuert worden. Anders als im Westjordanland oder in Ostjerusalem besäßen zahlreiche arabische Christ*innen im Norden Israels zwar die israelische Staatsbürgerschaft, fühlten sich jedoch seit Kriegsausbruch häufig als Bürger*innen zweiter Klasse, weil sie sich weder als Palästinenser*innen noch als Israelis verstünden. (epd)
Athen rechnet mit mehr Menschen, die versuchen, nach Griechenland zu kommen
Vier Menschen, darunter zwei Kinder, starben am Dienstag vor der griechischen Insel Kos im Mittelmeer bei einem Unfall. Überlebende sagten, zehn Menschen seien ins Wasser gefallen und mindestens vier gestorben, weil der Steuermann eines Bootes mit Migrant*innen das Boot ungeschickt manövrierte. Das Boot hatte sich nach Angaben der griechischen Behörden von der Türkei aus nach Griechenland aufgemacht. Die Küstenwache teilte mit, 27 Menschen seien gerettet worden, niemand gelte als vermisst. Die Überlebenden wurden von Schiffen der Küstenwache aufgenommen.
Die griechischen Behörden rechnen wegen der anhaltenden Kämpfe zwischen Israel und der Hamas in Gaza sowie Israel und der Hisbollah im Libanon mit einem Anstieg von Menschen, die vor dem Krieg flüchten und versuchen, nach Griechenland zu kommen. (ap)
EU und Golfstaaten beraten über Deeskalation
Vertreter*innen der Europäischen Union und der Golfstaaten beraten bei einem Gipfeltreffen am Mittwochmittag in Brüssel nach Angaben hochrangiger EU-Beamter darüber, wie sie eine weitere Eskalation der Kämpfe in Israel, im Libanon und in den in den palästinensischen Gebieten verhindern.
An dem Treffen nehmen Staats- und Regierungschefs der sechs Staaten des Golf-Kooperationsrats teil, zu dem Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate gehören. Die EU wird unter anderen durch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihren Außenbeauftragten Josep Borrell vertreten.
Der Golfstaat Katar vermittelt in den indirekten Gesprächen um einen Waffenstillstand und Geiselaustausch zwischen Israel und der Hamas. Katar, Saudi-Arabien und Oman waren auch Reiseziele des iranischen Außenministers Abbas Araghtschi, der in Bemühen um eine Entschärfung der Spannungen vergangene Wochen auch in den Libanon und in den Irak geflogen ist.
Beraten werden sollen außerdem die Handelsbeziehungen, die Energieversorgung durch die Golfstaaten in Europa und die Klimakrise. (afp)
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