+++ Internationaler Frauentag +++: „Patriarchat schlägt zurück“
UN-Generalsekretär António Guterres wird deutlich. Weltweit gibt es Kundgebungen, eine sogar in Kabul. Nachrichten zum Frauentag aus aller Welt.
Guterres beklagt Rückschritte bei Gleichberechtigung
Mit weltweiten Demonstrationen, Konferenzen und Kunstveranstaltungen zur andauernden Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ist der Internationale Frauentag begangen worden. UN-Generalsekretär António Guterres beklagte eklatante Rückschritte im Kampf um Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen. Aktivistinnen kritisierten bei Kundgebungen am Mittwoch vor allem zunehmende Unterdrückung von Frauen und Mädchen in Ländern wie Afghanistan und Iran und das weltweite Phänomen sexueller und häuslicher Gewalt gegen Frauen.
Guterres sagte am Montag zum Auftakt einer Sitzung der UN-Kommission zur Rechtsstellung der Frau, Frauenrechte würden auf der ganzen Welt „geschmäht, bedroht und verletzt“. Wenn dies so weitergehe, werde die Gleichstellung von Frauen und Männern erst in 300 Jahren erreicht.
Die über Jahrzehnte errungenen Fortschritte verflüchtigten sich, weil “das Patriarchat zurückschlagt“, erklärte Guterres. Er verwies etwa auf Afghanistan, wo Frauen und Mädchen aus dem öffentlichen Leben gelöscht worden seien. In vielen Ländern würden Frauenrechte auf dem Feld der sexuellen Selbstbestimmung und Reproduktion zurückgedreht.
Mädchen liefen an zahlreichen Orten auf dem Weg in die Schule Gefahr, entführt und attackiert zu werden. Und es gebe Polizisten, die Frauen auflauerten, für deren Schutz sie eigentlich sorgen sollten. „Von der Ukraine bis zum Sahel sind Frauen und Mädchen durch Krisen und Konflikte zuerst und am schlimmsten betroffen“, beklagte Guterres.
Zudem nehme die Müttersterblichkeit zu. Die Folgen von Corona zwängen Mädchen in Ehen und hielten sie von der Schule fern – und Mütter und Betreuerinnen von bezahlter Arbeit, sagte der UN-Generalsekretär. Das zweiwöchige Treffen der UN-Kommission soll sich schwerpunktmäßig mit Wegen beschäftigen, wie sich die Ungleichbehandlung im Bereich Technologie und Innovation überwinden lassen kann.
Guterres sagte, das Thema sei brandaktuell, zumal Mädchen und Frauen zurückgelassen würden, während sich die technologische Entwicklung rapide beschleunige. (AP)
Tausende demonstrieren in Berlin
Am Frauentag sind in Berlin mehrere Tausend Menschen auf die Straße gegangen. In der Stadt kam es am Mittwoch zu etlichen Demonstrationen und Kundgebungen, unter anderem wurde gleicher Lohn für gleiche Arbeit und mehr Anerkennung für Sorge-Arbeit und soziale Arbeit gefordert. So beteiligten sich nach Schätzungen der Polizei am Nachmittag beispielsweise rund 6500 Menschen an einer Demonstration der Gewerkschaft Verdi, die von der Invalidenstraße zum Bebelplatz führen sollte.
Bei einigen Aktionen wurde auch an die Lage der Frauen im Iran erinnert. An einer Demonstration, bei der Solidarität mit der feministischen Revolution im Iran gezeigt wurde, beteiligten sich nach Schätzungen etwa 1000 Menschen, wie ein Polizeisprecher sagte. (dpa)
Selenski bedankt sich bei Frauen seines Landes
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat anlässlich des Internationalen Frauentags den Frauen seines Landes gedankt. „Mir scheint, dass es wichtig ist, heute eben zu danken. Allen Frauen zu danken, die arbeiten, lehren, lernen, retten, heilen, kämpfen – für die Ukraine kämpfen“, sagte der 45-Jährige in einer am Mittwoch veröffentlichten Videobotschaft. An diesem Tag wolle er an alle Frauen erinnern, „die ihr Leben für unseren Staat gegeben haben.“ Selenski sagte, dass er seine Mutter anrufen und seiner Frau danken werde.
In der von Russland vor gut einem Jahr angegriffenen Ukraine ist der Frauentag aufgrund des geltenden Kriegsrechts offiziell nicht arbeitsfrei. Dennoch verkauften Blumenhändler in der Hauptstadt Kiew traditionell vor allem Tulpen an Passanten. Im ukrainischen Parlament ist zumindest eine Umbenennung des Internationalen Frauentags in den Internationalen Tag des Schutzes der Frauenrechte in der Diskussion. Mehrere, vor allem jüngere Abgeordnete hatten auch eine komplette Abschaffung wegen der Verbindung des Feiertags zur Sowjetunion vorgeschlagen. (dpa)
Auch der Papst hat eine Botschaft
Papst Franziskus hat den Frauen für deren Einsatz für „eine menschlichere Gesellschaft“ gedankt. Bei der Generalaudienz am Internationalen Frauentag lobte das Oberhaupt der katholischen Kirche ihre „Fähigkeit, die Realität mit einem kreativen Blick und einem zarten Herzen zu erfassen“. Dies sei „ein Privileg der Frauen“. Er sprach ihnen am Mittwoch seinen „besonderen Segen“ aus und rief die Gläubigen auf dem Petersplatz zum „Applaus für die Frauen“ auf.
Der Pontifex appellierte zudem im Vorwort einer Studie über Frauen in Führungspositionen, die am Freitag vorgestellt wird, Frauen und Männer in jedem Kontext gleiche Chancen zu eröffnen. Nur so könne man eine stabile und dauerhafte Situation der „Gleichheit in der Vielfalt“ erreichen. Würden Frauen volle Chancengleichheit genießen, könnten sie seinen Worten zufolge zu einer Welt des Friedens beitragen. „Der Traum vom Frieden wird Wirklichkeit, wenn man auf die Frauen schaut“, schreibt der 86-Jährige.
Wie das offizielle Nachrichtenportal Vatican News am Mittwoch berichtete, stieg während Franziskus' Pontifikat die Zahl weiblicher Vatikanangestellter an. Frauen machen demnach inzwischen ein Viertel der Belegschaft aus. Auch die Zahl von Frauen in vatikanischen Führungspositionen sei gestiegen. Trotzdem bleibt die Zahl von Frauen innerhalb der vatikanischen Mauern – in Führungspositionen oder nicht – überschaubar, was oftmals kritisiert wird. Die Priesterweihe für Frauen kommt jedoch für Franziskus nicht in Frage; dadurch bleibt ihnen der Weg für geweihte Spitzenämter weiter versperrt. (dpa)
Femizide in Brasilien auf höchstem Niveau seit 2015
Die Zahl der Frauenmorde in Brasilien ist im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent auf 1400 gestiegen. Im Durchschnitt wird also alle sechs Stunden ein Femizid begangen, wie das brasilianische Nachrichtenportal „G1“ am Internationalen Frauentag berichtete. Dies gehe aus einer Spezialerhebung des Gewaltmonitors hervor, den die Mediengruppe „Globo“ regelmäßig zusammen mit der Universität von São Paulo und dem Forum für öffentliche Sicherheit erstellt. Von einem Femizid spricht man, wenn eine Frau wegen ihres Geschlechts umgebracht wird.
Insgesamt ist die Zahl aller Morde im größten Land Lateinamerikas im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken. Die Zahl der Femizide hingegen ist die höchste seit 2015. In jenem Jahr unterschrieb die damalige brasilianische Präsidentin und heutige Vorsitzende der BRICS-Entwicklungsbank Dilma Rousseff ein Gesetz, das harte Strafen für Tötungen von Frauen und Mädchen vorsah. (dpa)
Gut die Hälfte der Männer sieht Gleichstellung erreicht
Drei von vier Frauen sehen einer aktuellen Umfrage zufolge in der deutschen Gesellschaft keine Gleichstellung erreicht. Während dies 73 Prozent der Frauen wahrnehmen, sind es bei den Männern nur 48 Prozent, wie eine am Mittwoch in Köln veröffentlichte Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab. (Anmerkung d. Red.: Wir sind nicht überrascht.)
Insgesamt gaben mehr als 60 Prozent der Befragten an, dass Frauen in der deutschen Gesellschaft aktuell nicht die gleichen Rechte und den gleichen Status wie Männer hätten.
Männer bewerteten die Gleichstellung durchgängig deutlich besser als Frauen, erklärte das Meinungsforschungsinstitut. Von weiblichen Befragten erklärten 70 Prozent, dass Frauen am Arbeitsplatz derzeit nicht gleichgestellt seien. Mit 51 Prozent war hingegen nur die Hälfte der männlichen Befragten dieser Meinung.
Am weitesten fortgeschritten sahen die Befragten die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im Bereich Schule und Ausbildung. 67 Prozent der Deutschen (61 Prozent der Frauen) gaben an, dass Frauen und Mädchen aktuell in diesem Bereich gleichgestellt seien. (epd)
Friedenspreis an Menschenrechtsaktivistin aus Somalia
Die Menschenrechtsaktivistin Ilwad Elman aus Somalia ist am Frauentag in Wiesbaden mit dem Hessischen Friedenspreis 2022 ausgezeichnet worden. Die 33-Jährige setzt sich in ihrem ostafrikanischen Heimatland für den Frieden und die Rechte von Kindern sowie Opfern sexualisierter Gewalt ein. Zusammen mit ihrer Mutter führt sie das Elman Peace and Human Rights Center, das besonders dafür kämpft, dass Mädchen und Frauen vor Gewalt oder Terror geschützt werden und nicht rechtlos bleiben.
Landtagspräsidentin Astrid Wallmann und Ministerpräsident Boris Rhein (beide CDU) wiesen darauf hin, dass die Preisverleihung im Landesparlament deshalb bewusst auf den Internationalen Frauentag 8. März gelegt wurde. Wallmann nannte die Preisträgerin „eine mutige Stimme der Menschlichkeit, die auch Hoffnung verbreitet“. Rhein würdigte Elman als „Flamme der Hoffnung“ in einem der ärmsten Länder der Welt, das zugleich von Hunger, Krieg und Terror geprägt sei. 78 Prozent der Menschen in Somalia seien unter 30 Jahre alt und hätten somit noch nie Frieden erlebt.
Ilwad Elman wertete den mit 25.000 Euro dotierten Preis als Zeichen der Solidarität und Ermutigung. „Die Auszeichnung zeigt, dass wir nicht alleine sind“, sagte sie bei dem Festakt im historischen Musiksaal des Landtags. (epd)
Wo ist der Frauentag ein Feiertag?
In Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ist heute Ruhetag: in den Schulen, Kitas, Universitäten, Behörden. In diesen zwei Bundesländern ist der Frauentag ein gesetzlicher Feiertag. Wir finden, er sollte in jedem Bundesland ein Feiertag sein. (taz)
Grönemeyer: „Männer“ umgedichtet in „Frauen“
Wie war das noch mal? „Männer nehm'n in den Arm / Männer geben Geborgenheit / Männer weinen heimlich / Männer brauchen viel Zärtlichkeit / Oh, Männer sind so verletzlich / Männer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich“ – so sang es Herbert Grönemeyer – bis heute. Er hat seinen Song umgedichtet, heute, für Frauen, für mehr Gerechtigkeit, für mehr Empathie der Männer gegenüber den Leistungen der Frauen: „Frauen machen uns stark / Frauen sind wie Rückenwind / Frauen lachen lauthals / Frauen schenken dir ein Kind“
Der rbb hat den umgedichteten Song gesendet, hier können Sie ihn hören.
„Wann ist 'ne Frau 'ne Frau?“, heißt es natürlich jetzt. Ob's daran erkennbar ist, dass sie „gerne kaufen“, wie Grönemeyer hier singt? Oder dass sie „Männers Telefon lieben“? Offenbar bietet sich da neuer, guter alter Stoff zum Diskutieren. Dass aber alles zumindest nett gemeint ist, unterstellen wir einfach mal. (taz)
UN: „Kolossaler Akt der Selbstbeschädigung“ durch Taliban
Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 sind die Rechte der Frauen und Mädchen in keinem Land der Welt so eingeschränkt wie in Afghanistan. Das schreiben die Vereinten Nationen (UN) in einem Bericht zum Internationalen Frauentag am Mittwoch. Die Hälfte der Bevölkerung zu Hause einzusperren, während in dem Land eine der größten humanitären Krisen weltweit herrsche, sei ein „kolossaler Akt nationaler Selbstschädigung“, so die Vereinten Nationen weiter.
Die Taliban haben die Freiheiten der Frauen in Afghanistan stark eingeschränkt. So dürfen sie keine höheren Schulen und seit Ende vergangenen Jahres keine Universitäten mehr besuchen. Auch ist ihnen mittlerweile der Besuch von öffentlichen Parks und Fitnessstudios untersagt. Ende des Jahres haben die Taliban ein Berufsverbot für afghanische Frauen bei Nichtregierungsorganisationen ausgesprochen, mit Ausnahmen weniger Bereiche.
Einem Weltbank-Bericht zufolge haben fünf Monate nach Machtübernahme der Taliban rund die Hälfte der Frauen, die zuvor bezahlter Arbeit nachgingen, ihren Job verloren. Zwar zeigt ein weiterer Weltbank-Bericht von November 2022, dass afghanische Frauen aufgrund der wirtschaftlichen Not in ihrem Land seit einigen Monaten wieder vermehrt arbeiten oder Arbeit suchen. Frauen würden jedoch nun überwiegend zuhause als Selbstständige arbeiten.
Die UN warnt vor gravierenden Folgen der repressiven Regelungen gegen die weibliche Bevölkerung Afghanistans. Frauen von der Bildung auszuschließen erhöhe die Gefahr von früher Verheiratung, Armut und häuslicher Gewalt. „Die Rechte von Frauen und Mädchen müssen wieder hergestellt werden, um ein inklusives, friedliches und hoffnungsvolles Afghanistan zu erreichen“, so die Organisation. (dpa)
Frauendemos in vielen Ländern – auch in Kabul
Frauen in aller Welt gehen an diesem Tag auf die Straße, um gegen ihre Unterdrückung und Ungleichbehandlung zu protestieren. Erste Demonstrationen fanden am Morgen in Thailand und Indonesien statt. Selbst in der afghanischen Hauptstadt Kabul versammelten sich rund 20 Frauen, um für ihre Rechte zu demonstrieren.
Protestmärsche und Aktionen sind auch in zahlreichen europäischen Ländern geplant, darunter in Spanien sowie allein in 150 Städten und Gemeinden in Frankreich. In London will Madame Tussauds eine neue Wachsfigur der britischen Frauenrechtlerin und Suffragette Emmeline Pankhurst enthüllen, die vor 120 Jahren ihren Kampf für das Frauenwahlrecht startete.
In den USA sind vor allem Kundgebungen zur Verteidigung des Rechts auf Abtreibungen vorgesehen. In anderen Staaten Nord- und Südamerikas richten sich die Demonstrationen gegen die grassierende Gewalt gegen Frauen und die zunehmende Zahl von Femiziden. Aktivistinnen in Kuba riefen zu einer „virtuellen Kundgebung“ in den Online-Netzwerken auf, um auf das Phänomen der Frauenmorde aufmerksam zu machen.
Polizei stoppt Frauenmarsch in Pakistan
In der pakistanischen Hauptstadt Islamabad hat die Polizei den Protestzug zum Frauentag blockiert. „Frauen werden im Alltag noch fundamentale Rechte verwehrt“, sagte die bekannte Anwältin und Aktivistin Imaan Mazari bei der Demonstration. „So etwa das Recht zu heiraten, wen sie wollen.“
Für Ärger in den sozialen Medien sorgten Videos, die zeigen, wie Polizisten den Marsch der Frauen mit Schlagstöcken und Stacheldraht aufhalten. Auch Demonstrantinnen zeigten sich verärgert. „Der ganze Staat hat sich mobilisiert, um uns zu zerstreuen“, sagt Mazari.
Zeitgleich rief die islamistische Partei Jamaat-e Islami zu einer eigenen Demonstration in der pakistanischen Hauptstadt auf. „Der Islam gewährt Frauen viele Rechte, und nur diese Rechte wollen wir“, so eine Teilnehmerin. (dpa)
Frauendemos in Berlin (Auswahl)
Die GEW ruft im Invalidenpark in Mitte von 13 bis 15 Uhr zur Demo „Feministisch – Solidarisch – Gewerkschaftlich!“ auf. Laut Polizeit sind 5.000 Teilnehmende angemeldet. Die Demonstrierenden wollen über die Straße Unter den Linden zum Bebelplatz ziehen, wo ab 15.30 Uhr eine Abschlusskundgebung stattfinden soll.
Am Bebelplatz wurde zudem vom Bündnis für Sexuelle Selbstbestimmung eine Kundgebung angemeldet: 14.30 bis 17 Uhr. Es werden 1.500 Teilnehmende erwartet.
Eine weitere große Demonstration unter dem Motto „Gemeinsam sind wir mächtig“ von 12 bis 18 Uhr auf dem Platz der Republik in Tiergarten stattfinden. Dazu sind laut Berliner Polizei 5.000 Teilnehmende angemeldet.
In Friedrichshain wird zwischen 14 und 19 Uhr demonstriert. Die Veranstaltung wurde privat mit 5.000 Demonstrierenden angemeldet. Die Strecke führt vom Frankfurter Tor bis zur Justizvollzugsanstalt für Frauen in der Alfredstraße in Berlin-Lichtenberg. (taz)
Demos bundesweit
Die Gewerkschaft Verdi ruft bundesweit zu Demonstrationen auf. Wo Sie sich in Ihrem Heimatort beteiligen können, finden Sie hier. (taz)
Gleichstellungsminister: „Ich bin Feminist“
Niedersachsens Gleichstellungsminister Andreas Philippi sieht sich selbst als Feminist. „Wer für die Gleichberechtigung der Geschlechter eintritt, ist Feminist. Also ja, ich bin Feminist“, sagte der SPD-Politiker in einem Interview der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Eine Selbsteinordnung, die weniger selbstverständlich ist, als man meinen sollte – selbst die frühere Kanzlerin Angela Merkel ließ sich lange nicht dazu bewegen. Zur Erinnerung: Erst kurz vor Ende ihrer Kanzerlinnenschaft sagte Merkel öffentlich, dass sie ihr Verständnis von dem Begriff geändert habe und sich nun als Feministin bezeichne (was unsere Kommentatorin damals dennoch nicht überzeugte).
Die Frage bleibt bestehen: Was geht damit einer, sich Feminist(in) zu nennen? Gleichstellungsminister Philippi sagte nun, auch Männer müssten Fraueninteressen vertreten. „Frauen zu stärken ist doch kein Thema, das nur Frauen etwas angeht.“
Der Minister sprach sich in dem Interview auch für ein Paritätsgesetz aus, mit dem die Hälfte der Sitze im Landtag an Frauen gehen müsste. „50 Prozent unserer Gesellschaft sind weiblich. Da ist es doch nicht mehr als recht, wenn auch 50 Prozent der Sitze in den Parlamenten durch Frauen besetzt werden“, sagte Philippi. Für eine Verfassungsänderung fehlt den Regierungsfraktionen SPD und Grünen allein jedoch die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag. (dpa/taz)
Femizid am Frauentag in Frankreich
Im ostfranzösischen Metz hat ein Mann vor der Kathedrale im Zentrum der Stadt eine Frau niedergestochen. Es handele sich um eine schreckliche Tat am Internationalen Frauentag, sagte Bürgermeister François Grosdidier am Mittwoch. Bei dem Angreifer soll es sich um den Partner der Frau gehandelt haben, berichtete der Sender France Info mit Verweis auf die Ermittler. Die Frau kam schwer verletzt ins Krankenhaus, der Mann wurde festgenommen. „Diese Tragödie erinnert uns einmal mehr an die schreckliche Realität, die von denjenigen geschaffen wird, die sich das Recht anmaßen, über das Leben und die Freiheit von Frauen zu verfügen“, sagte der Bürgermeister.
Morde an Frauen – Femizide – sind leider an der Tagesordnung – überall auf der Welt. In Deuschland stirbt jeden dritten Tag eine Frau durch die Gewalt eines Mannes, in der Regel des eigenen Partners oder Ex-Partners. (dpa/taz)
Noch ein Blumentag?
Ja, die rote Nelke als Symbol der sozialistischen Frauenbewegung spielte auch in der DDR noch eine Rolle am Frauentag. Die ewige Hoffnung von Blumenhändlern (oder Händlerinnen: laut Fleurop gehören 93 Prozent der Geschäfte Frauen) dürfte trotzdem sein, dass der 8. März Menschen dazu verleitet, ganze Sträuße zu verschenken. Blumengeschenke sind schön, aber irgendwie auch am Thema vorbei. Das findige Blumenversand-Netzwerk ist trotzdem auf einen Weg gekommen, sich ins Spiel zu bringen: Sie lassen Statuen, die an berühmte Frauen erinnern, mit Blumen schmücken. „In Berlin, Hamburg, München, Leipzig und weiteren Städten sorgt der Blumenschmuck für eine erhöhte Sichtbarkeit und Wahrnehmung weiblicher Skulpturen, Bronzestatuen oder Denkmälern“, schreibt Fleurop. Das ist natürlich PR, aber wenn's nebenbei der Sichtbarmachung historischer Frauenfiguren dient, wollen wir mal nicht so sein. (taz)
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