piwik no script img

Archiv-Artikel

Keine Begehrlichkeiten wecken

CDU und SPD wollen Regeln für Bürgerbegehren ändern. Unechte Zustimmung soll künftig nicht mehr nötig oder nicht mehr möglich sein. Klare Kompetenzabgrenzungen zwischen Bezirk und Senat gefordert. „Mehr Demokratie“ gesprächsbereit

von GERNOT KNÖDLER

Unter den Parteien zeichnet sich eine Mehrheit dafür ab, die Regeln für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide zu ändern. Nachdem in Wandsbek erneut Bürgerentscheide durch eine bloß formelle Zustimmung der Bezirksversammlung verhindert worden sind, haben sich Politiker der SPD und der Senatskoalition – allen voran Bürgermeister Ole von Beust – mit Änderungsvorschlägen gemeldet. Sie sollen verhindern, dass sich die Menschen enttäuscht von der Bürgerbeteiligung abwenden.

Diese Gefahr besteht, weil CDU und Schill-Partei bereits drei Bürgerbegehren ins Leere laufen ließen, um Aufsehen erregende Bürgerentscheide gegen die Politik des Senats zu verhinder. Dieser hatte die Entscheidungen „im Interesse der gesamten Stadt“ an sich gezogen (evoziert). Da die Bürgerentscheide somit nur empfehlenden Charakter gehabt hätten, könne man die Kosten sparen, argumentierten CDU und Schill-Partei.

„Wenn die Evokation nicht ständig zur Frustration vieler engagierter Bürgerinnen und Bürger führen soll, müssen wir die bisher übliche Praxis ändern“, schrieb von Beust in seinem Wochenrückblick für Die Welt. So könne den Initiativen schon vor dem Start eines Bürgerbegehrens unmissverständlich klar gemacht werden, in welcher Frage der Senat evozieren werde.

In der Bezirksversammlung Wandsbek beantragte die CDU, den „mängelbehafteten“ Paragraphen 8a des Bezirksverwaltungsgesetzes zu ändern. Die Möglichkeiten, zwischen Bezirksversammlungen und Bürgerinitiativen Kompromisse auszuhandeln, müssten verbessert werden. Der Antrag ging an den Hauptausschuss.

Bereits 2001 hatte der heutige Wandsbeker Bezirksamtsleiter Gerhard Fuchs vorgeschlagen, die Zulässigkeit von Bürgerbegehren auf den Kompetenzbereich der Bezirksversammlungen zu beschränken. Für Pläne, über die die Bürgerschaft zu befinden habe, müssten Volksinitiativen gestartet werden. Werde ein Plan evoziert, so könnten die bereits gesammelten Unterschriften für das höhere Quorum der Volksbegehren mitgezählt werden, ergänzt er heute.

Karsten Vollrath von „Mehr Demokratie“ zeigte sich gesprächsbereit: „Wir würden uns echt freuen, wenn es eine klare Kompetenzverteilung gäbe.“ Auch eine Verlängerung der Fristen für die Kompromissfindung zwischen Bürgerinitiative und Bezirksversammlung sei sinnvoll, wenn beide einverstanden seien. Schuld an der unbefriedigenden Situation sei allerdings nicht der Paragraph 8a, sondern das Kompetenzmischmasch zwischen Bezirksversammlungen und Bürgerschaft.

Die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) schlug vor, Bürgerbegehren schon beim Einreichen auf Zulässigkeit zu prüfen und nicht erst, wenn die Unterschriften gesammelt seien. Die Entscheidungen der Bezirksversammlungen zu Bürgerbegehren sollten ein Jahr lang bindend sein. „Wenn die Bezirksversammlung damit rechnen muss, an ihren eigenen Schein-Beschlüssen festgehalten zu werden, hört die Spiegelfechterei schlagartig auf“, prognostizierte der SGK-Vorsitzende Hans-Peter Strenge.