von Beusts Rückzieher : Taktisches Eigentor
Natürlich ist der Bürgermeister keine Mimose. Das Austeilen und auch das Einstecken im politischen Alltag hat er von der Pike auf gelernt in seinem Vierteljahrhundert als CDU-Abgeordneter, Oppositionsführer und Regierungschef. Nein, Ole von Beust ist ein gewiefter Taktiker. War er zumindest bislang, aber diesmal hat er sich verkalkuliert.
Kommentarvon sven-michael veit
Der wahre Grund für die Absage der Spitzendiskussion mit seinem SPD-Herausforderer ist die Einsicht, nur noch verlieren zu können. Thomas Mirow hat bei den ersten beiden Duellen fachlich eine gute Figur gemacht, von Beust aber – die absolute Mehrheit im Blick – hat sein Wählerpotenzial bereits ausgeschöpft. Mehr werden es kaum noch, höchstens weniger.
Für von Beust dauert der Wahlkampf bereits zu lange, und deshalb zeigt er Nerven. Er hat den Kult um seine Person zum politischen Programm erhoben, er hat eine Bürgerschaftswahl mit voller Absicht in Bürgermeisterwahl umbenannt. Wer das tut, darf sich über – im vorliegenden Fall durchaus derbe – Anwürfe zwar ärgern. Dann aber hat er sie souverän zu kontern.
Zudem beschädigt von Beust seine eigene Glaubwürdigkeit. Denn das vermeintlich unhanseatische Niveau wahlkämpfender Sozialdemokraten zu geißeln, ist ihm verwehrt. Er war es, der den Mann zu seinem Stellvertreter machte, der im vorigen Wahlkampf den Begriff Stillosigkeit ganz neu definierte.
Jetzt dem politischen Gegner Verunglimpfung zu attestieren, ist, mit Verlaub, Herr Bürgermeister, heuchlerisch.
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