Von der Söldner- zur Staatsaffäre

Das Rätsel um verhaftete weiße Söldner in Simbabwe, die angeblich im Ölstaat Äquatorialguinea putschen sollten, wird immer mysteriöser: War alles nur eine Falle?

BERLIN taz ■ Der eine Söldnerführer ist tot, der andere sitzt im Gefängnis. Nick du Toit, einer der bekanntesten historischen Söldnerführer Südafrikas, ist im zentralafrikanischen Kleinstaat Äquatorialguinea zu Tode gefoltert worden, nachdem er einen Putschversuch zugegeben hatte. Simon Mann, einer der bekanntesten historischen Söldnerführer Großbritanniens, sitzt in Simbabwe in Haft und wartet auf seinen Prozess.

Die Affäre nahm ihren Lauf am 7. März, als die Behörden in Simbabwes Hauptstadt Harare ein Flugzeug stoppten, auf dem sie „Rüstungsmaterial“ und 70 Söldner fanden: 28 aus Namibia, 24 aus Angola, 13 aus Südafrika, drei aus der Demokratischen Republik Kongo, ein Brite und ein Simbabwer. Das Flugzeug, Eigentum der privaten britischen Sicherheitsfirma „Logo Logistics“, war angeblich auf dem Weg nach Kamerun, wo ein Staatsstreich im Nachbarland Äquatorialguinea vorbereitet werde.

In Äquatorialguinea wurde gleichzeitig ein 15-köpfiges Söldnerteam aus Armenien, Deutschland, Kasachstan und Südafrika gefasst und inhaftiert. Ihr Führer du Toit gab zwei Tage später im äquatorialguineischen Staatsfernsehen das Putschkomplott zu – vermutlich unter Druck. Man habe den seit 25 Jahren regierenden Präsidenten Teodoro Obiang ins Exil fliegen und durch den in Spanien lebenden Oppositionsführer Severo Moto ersetzen wollen. Die Eigentümer des in Simbabwe festgesetzten Flugzeuges erklärten zugleich, die Maschine sei eigentlich auf dem Weg in den Kongo gewesen. Die Passagiere sollten dort Diamantenminen bewachen. Ihr offizieller Flugplan gab als nächstes Ziel nach Simbabwe Burundi aus.

Eldorado der Ölkonzerne

Mit diesen beiden Selbstbezichtigungen ging die Affäre erst richtig los. Äquatorialguinea ist schließlich dank seiner neu entdeckten Ölvorkommen das Land mit dem höchsten Wirtschaftswachstum in Afrika, Eldorado der Ölkonzerne. Erst vorigen Sommer hatte eine Putschistentruppe im benachbarten Inselstaat Sao Tomé einige Tage lang tatsächlich die Macht ergriffen, getrieben von obskuren Ölinteressen. Simbabwe schließlich ist der Paria Afrikas; seine mit Sanktionen belegte Regierung ist für jede Gelegenheit dankbar, zu beweisen, dass finstere weiße Mächte ihr an den Kragen wollen. Du Toit und Mann sind Veteranen der inzwischen aufgelösten südafrikanischen Söldnerfirma „Executive Outcomes“.

Das „Geständnis“ du Toits in Äquatorialguinea nannte als Finanzier des Putschplans den libanesischstämmigen Ölhändler Ely Calil, seit Jahrzehnten ein enger Freund diverser Militärherrscher in Nigeria sowie des mutmaßlichen Putschprofiteurs Moto. Er unterhält auch Geschäftsverbindungen zum Besitzer des in Simbabwe festgesetzten Flugzeugs. Vielleicht war dies aber auch eine falsche Fährte: Du Toit besitzt eine private Sicherheitsfirma zusammen mit dem Bruder des äquatorialguineischen Präsidenten, Antonio Obiang, zugleich Geheimdienstchef des Landes. War er ein Agent provocateur, den man nun aus dem Weg geräumt hat?

In diesem Fall wäre die ganze Putschaffäre eine elaborate Falle des äquatorialguineischen Präsidenten Obiang, um seine inneren Gegner zu schwächen. Seit der Verhaftung der Söldner in Äquatorialguinea hat die dortige Regierung jedenfalls einen Feldzug gegen Ausländer gestartet und festigt damit ihre Autorität. Hunderte von Kamerunern wurden unter teils brutaler Gewaltanwendung verhaftet und deportiert; Kameruns Regierung hat protestiert und ihren Botschafter abberufen.

Ebenso mysteriös entwickelt sich die Affäre in Simbabwe. Inzwischen ist nämlich herausgekommen, dass die dort festgenommenen Söldner ihre Waffen von der staatlichen simbabwischen Rüstungsfirma ZDI gekauft hatten. Noch eine Falle?

Die dritte Variante wäre die einfachste: dass die Waffenbrüder tatsächlich nur Diamantenminen im Kongo schützen sollten. Mächtige Simbabwer, die im Kongo Bergwerke betreiben, fürchten dort um ihre Stellung im Rahmen der beginnenden Wirtschaftsreformen. In Kongos Hauptstadt Kinshasa geht das Gerücht um, dass die Söldner erst in Äquatorialguinea und dann im Kongo putschen sollten.

Wie auch immer: Geputscht wird jetzt nirgends mehr. Heute sollen die 70 Häftlinge in Simbabwe des Mordversuchs, des illegalen Waffenkaufs und der illegalen Einreise angeklagt werden. Ursprünglich wollte Simbabwes Regierung sie hinrichten lassen. Dafür aber fehlt die gesetzliche Grundlage. DOMINIC JOHNSON