Für Imker ist die Milbe nur Sündenbock

Die Wissenschaftler haben sich bei ihren Untersuchungen zum Bienensterben von Wirtschaftsinteressen leiten lassen, behaupten die Bienenzüchter. Der mögliche Einfluss industrieller und gentechnischer Landwirtschaft bleibe unberücksichtigt

VON HEIKE HOLDINGHAUSEN

Honigsüß ist er nicht gerade, der Ton, in dem sich derzeit die Bienenfreunde in Deutschland streiten. Die Imkerverbände werfen Bienenforschern vor, nicht unabhängig genug von der Industrie nach Ursachen für das Bienensterben der vergangenen Jahre zu suchen. Jene kontern, die Imker gingen nicht professionell genug gegen die berüchtigte Bienenmilbe Varroa vor.

Ende Dezember waren aus Empörung über einen offenen Brief des Deutschen Imkerbundes (DIB) und des Deutschen Berufs- und Erwerbs-Imker-Bundes (DBIB) zahlreiche Wissenschaftler aus dem Beirat des Imkerbundes zurückgetreten. Im Bauernverband ist man noch immer wütend über „Diktion und Inhalt“ des Schreibens. Und einige Landesverbände des DIB wollten ihren kürzlich erst gewählten Präsidenten Peter Maske gleich wieder absetzen – doch ohne Erfolg. Die Mehrheit der Imker steht hinter ihrem streitbaren Präsidenten.

Dieser hatte gemeinsam mit seinem Kollegen Manfred Hederer von den Berufsimkern Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) schriftlich im Amt willkommen geheißen. In ihrem Begrüßungsschreiben beklagten sich beide bitter über die „Verflechtung von Wirtschaftsinteressen, Forschung und Behörden“.

Forschung benötige Geld, und dieses Geld werde „gerade im Bereich der Agroindustrie ausnahmslos von Firmen wie Bayer, BASF, Syngenta etc. zur Verfügung gestellt“. Dies habe etwa dazu geführt, dass im Bienenmonitoring, in dem Imker und Bienenforschungsinstitute seit fünf Jahren gemeinsam versuchen, dem vermehrten Bienensterben auf die Spur zu kommen, vor allem Bienenkrankheiten wie die Varroa-Milbe untersucht worden seien. Der Frage, welche Rolle Pflanzenschutzmittel oder gentechnisch veränderte Pflanzen spielten, seien die Wissenschaftler hingegen gar nicht nachgegangen.

„Wir müssen aber mehr darüber wissen“, sagt Imkerpräsident Maske. „Wie wirkt der Pollen von gentechnisch verändertem Mais auf die Brut?“, fragt er. „Werden Pestizide im Wachs gespeichert, oder wie wirkt ein Cocktail verschiedener Gifte?“

Zwar habe die Industrie das Projekt tatsächlich zu einem wesentlichen Teil mit finanziert, sagt Peter Rosenkranz, der die Landesanstalt für Bienenkunde an der Uni Hohenheim leitet. Doch hätten die Unternehmen keine Rechte an den Daten. Die Ergebnisse seien in einem transparenten Prozess veröffentlicht und interpretiert worden. „Wir hatten kein Problem mit Einflussnahmen“, beteuert Rosenkranz.

Auf die Wirkung industrieller Landwirtschaft sei das Monitoring nicht ausgerichtet gewesen. Hier sei vor allem untersucht worden, warum die Bienen die Winter nicht überlebt hätten – und dafür sei eben vor allem die gefürchtete Milbe verantwortlich. Künftig müsse stärker danach geforscht werden, welchen Umweltbedingungen die Insekten im Sommer ausgesetzt seien, so Rosenkranz.

Die beteiligten Unternehmen wollen das Monitoring offenbar sowieso nicht weiter bezahlen. Denkbar wäre, es in Form eines Forschungsvorhabens weiterzuführen und hierfür Mittel beim Landwirtschaftsministerium zu beantragen.