Überschattete Jugendkultur: Die Skateboard-Doku „Stoked“ im Lichtmeß
: Strauchelnd auf Rollen

Vor drei Jahren setzte Stacy Peralta, selbst Ex-Profi, mit Dogtown & Z-Boys den Anfängen des modernen Skateboardens ein filmisches Denkmal. Helen Stickler nähert sich der Szenerie zwischen Einfamilienhaus-Hinterhöfen und Parkplätzen, wenngleich auf eine weniger jungsbündlerisch-idealisierte Art. Stoked: The Rise and Fall of Gator folgt der Geschichte von Mark „Gator“ Rogowski, der es als Teenager mittels virtuoser Skills auf Rollen und Rampen zu Berühmtheit brachte. Ein paar Jahre lang, bis Ende der 80er, verdiente Rogowski enorm viel Geld und wurde zur Ikone einer adoleszenten und (zumeist) männlichen Gefolgschaft, als die Skateboard-Community entdeckt und massiv vermarktet wurde. Derselbe „Gator“ allerdings galt seinen Fans plötzlich auch als schlechtes Beispiel, weil er sich von „der Industrie“ habe „kaufen“ lassen. Er verlor endgültig an Bedeutung, als sich neue Fahrtechniken und -stile durchsetzten.

So weit, so „Rockumentary“ – an jenes im Musikfernsehen zeitweise beliebte biografische Format erinnert Sticklers Film immer wieder: Da kommen alte Weggefährten zu Wort, verschränkt mit Archivmaterial, und das alles schmissig begleitet von einem zeitgenössischen Punkrock-Soundtrack. Nicht zuletzt aber, und das unterscheidet Stoked von irgendeinem MTV-Beitrag über die Geschichte des Grunge oder die Geschichte des Snowboards, erzählt der Film vom spät als manisch depressiv Diagnostizierten und Alkoholkranken, vom Stalker, Vergewaltiger und Mörder Mark Rogowski: Seit 1991 sitzt „Gator“ eine insgesamt 31-jährige Haftstrafe ab. Deswegen also bekommen wir Rogowski in Stoked ausschließlich in seinen guten Tagen zu sehen: Die kalifornischen Gesetze erlauben nicht, Häftlinge zu filmen.

Bemerkenwert ist, wie es Stickler gelingt, beide Geschichten, die vom Skate-As und jene vom Mörder, zu erzählen: ohne allzu plumpe Erklärungsversuche – mit der anklingenden Idee, ohne derart früh erlangten und wieder verlorenen Ruhm, vielleicht auch nur mit etwas besseren Freunden als denen, die hier zu Wort kommen, wäre aus Mark Rogowski ein anderer Mensch geworden, lässt sie es bewenden. Der Zuschauer bleibt zurück, allein mit seiner Küchenpsychologie. ALDI

Do, 20 Uhr, Lichtmeß