: Schwindel mit Etikette
Bildungsbehörde legt Ganztagschulkonzept vor: Ausstattungen werdenum 60 Prozent gekürzt und Zuschüsse fürs Mittagessen gestrichen
von KAIJA KUTTER
Die Bildungsbehörde hat ein „umfassendes Ganztagsschulkonzept für Hamburg“ vorlegt, das zunächst in den Kammern besprochen und bei den Haushaltsberatungen des Senats Ende Juni verabschiedet werden soll. Nachdem die Pläne des früheren Bildungssenators Rudolf Lange (FDP) gescheitert sind, müssen sich interessierte Schulen jetzt wieder neu bewerben. Die Ausstattung der neuen Ganztagsschulen wird allerdings erheblich karger als bisher üblich: Sie soll um 60 Prozent reduziert werden. Die zusätzlichen Angebote am Nachmittag sollen nur zu 30 Prozent von Lehrkräften erteilt werden, den Rest übernehmen Erzieher und Honorarkräfte.
Ebenfalls um 60 Prozent gesenkt wird die Ausstattung der existierenden 37 Ganztagsschulen. Ihr Stellenplan soll ab 2005 in vier Jahreschritten insgesamt um 80 Lehrer reduziert werden, wobei die Stundentafeln für die Gesamtschulen Steilshoop, Wilhelmsburg und Mümmelmannsberg, die Schule am Altonaer Volkspark sowie für die Ganztagsschulen für Geistig- und Körperbehinderte „gesondert“ verändert werden sollen.
Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) hatte bereits vor Himmelfahrt angekündigt, durch Klassenvergrößerungen erwirtschaftete 1.000 Stellen unter anderem für neue Ganztagsschulen zu nutzen. Laut Behördensprecher Alexander Luckow sollen davon nur 150 Stellen in den Ganztagsschulbetrieb fließen. Zusammen mit den 80 Stellen der alten Ganztagsschulen stünden dann 230 Stellen bereit.
Über die Anzahl der neuen Standorte konnte Luckow gestern noch nichts sagen. Bekannt ist nur, dass 66 Millionen Euro Bundesmittel für Bauten bis 2008 bereitstehen; auch sollen die 67 Hamburger Gymnasien, die allesamt an der Schulzeitverkürzung teilnehmen, nach den Sommerferien an drei Tagen mit dem Ganztagsschulbetrieb für die 7. Klassen beginnen.
Allerdings ist für sie nur die schlichteste Ausstattung vorgesehen: Küchen und „Essgelegenheiten“. Weitere Räume, so heißt es in der Drucksache, könnten „im Einzelfall erforderlich werden“. Wegfallen soll künftig auch eine direkte Bezuschussung des Mittagessens. So sollen die 67 Gymnasien und längerfristig auch die bestehenden 37 Ganztagsschulen die anfallenden Kosten über den Preis des ausgegebenen Essens erwirtschaften.
Die Kantinen könnten vom Schulverein, von einer Catering-Firma oder einem Pächter betrieben werden. „Zuschüsse“, so heißt es in dem Papier, seien abgesehen von Räumen und der Lieferung von „Strom, Heizung und Wasser“ nicht vorgesehen. Bedürftige Schüler allerdings sollen einen Zuschuss von zwei Euro pro Mahlzeit erhalten.
„Das ist Etikettenschwindel und das Ende für die Ganztagsschulkultur in Hamburg“, erklärt der Vorsitzende des Hamburger Ganztagsschulverbands, Bernd Martens. Mit um 60 Prozent verringerter Ausstattung gerieten anspruchsvolle Angebote wie Klassenlehrernachmittag in Gefahr. Auch könne bei dieser Kürzung keine verlässliche Betreuung gewährleistet werden.