Der portugiesische Berlusconi

Der Bürgermeister von Lissabon, Pedro Santana Lopes, erhält vom Präsidenten den Auftrag zur Regierungsbildung

Pedro Santana Lopes steht vor dem Höhepunkt seiner Karriere. Nachdem der bisherige portugiesische Regierungschef José Manual Durão Barroso den Vorsitz der EU-Kommission übernehmen wird, rückte der Bürgermeister von Lissabon vor einer Woche an die Spitze der Sozialdemokratischen Partei Portugals (PSD) auf. Am Wochenende dann kam eine weitere gute Nachricht: Staatspräsident Jorge Sampaio setzt nicht, wie von der Opposition verlangt, Neuwahlen an, sondern beauftragt die vor zwei Jahren siegreiche PSD abermals mit der Regierungsbildung.

Mit dieser Entscheidung haben einige Probleme. Auch innerhalb der Mitte-rechts-Partei stößt der 48-Jährige auf Ablehnung. Als zu wankelmütig gilt der Dandy, der sich mehr in den Clubs der Hauptstadt herumtreibt als auf offiziellen Empfängen. Die Klatschpresse lebt nicht schlecht von ihm. Dreimal war er verheiratet, fünf Kinder hat er aus diesen Ehen. Seit auch die letzte in die Brüche ging, wechseln die Blondinen an seiner Seite mit rasanter Geschwindigkeit.

Der Sohn einer Krankenschwester und eines Büroangestellten nahm als Student Abstand von der Idee, Priester zu werden, und wechselte an die Jurafakultät in Lissabon. Dort lernte er 1973 Durão Barroso kennen. Dieser zog bald mit der roten Fahne einer maoistischen Gruppe auf die Demos der Nelkenrevolution 1974. Santana Lopes liebäugelte mit der radikalen Rechten.

Einige Jahre später trafen sie sich in den Reihen der frisch gegründeten PSD wieder. Lange waren die beiden parteiinterne Gegner. Erst im Jahr 2000, als Durão Barroso sich bei der Wahl zum Parteivorsitzenden gegen Santana Lopes durchsetzte, beruhigte sich das turbulente Verhältnis. Santana Lopes wandte sich einem anderen lukrativen Amt zu: dem des Bürgermeisters von Lissabon, das allgemein als Sprungbrett an die Spitze der Regierung gilt.

Bekannt als Vorsitzender des hauptstädtischen Fußballclubs Sporting Lissabon, gelang Santana Lopes, das was ihm keiner zugetraut hatte. Er knackte die Hochburg der Sozialisten. Doch seine Zeit im Rathaus werden die Bewohner der Stadt am Tajo in eher mäßiger Erinnerung behalten. Viele populistische Versprechungen, wenig Taten, heißt die Bilanz. Und dabei schossen auch noch die Ausgaben in die Höhe.

Sein übertrieben gepflegtes Äußeres, Glamour, Fußball und seine Begabung, dem Volk nach dem Mund zu reden, brachten ihm den Beinamen „portugiesischer Berlusconi“ ein. Viele Minister befürchten, dass Santana Lopes an der Spitze der Regierung so weitermacht wie im Rathaus von Lissabon. Sie meuterten, als die Nummer zwei zum Parteichef und damit zum Anwärter auf die Nachfolge von Durão Barroso ernannt wurde. Allen voran protestierten Außenministerin Teresa Gouveia und Finanzministerin Manuela Ferreira Leite gegen den „Staatsstreich“ und verlangten einen Sonderparteitag. Jetzt werden wohl sie den Hut nehmen müssen. REINER WANDLER