Die Rückkehr der Retter des Käfigeis

Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern wollen die Legehennenverordnung aufweichen: Die Sechs-Quadratmeter-Käfige sollen wieder erlaubt sein, weil die Hühner darin gesünder als im Freiland lebten. Doch Künast will nicht mitspielen

von MATTHIAS URBACH

Wenn die Agrarministerkonferenz heute in Rostock am Tagesordnungspunkt 4.8 angelangt ist, dann werden Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern zum ersten großen Schlag gegen Renate Künasts Reformen ausholen. Agrarminister Hans-Heinrich Ehlers (CDU) aus Hannover und Till Backhaus (SPD) aus Schwerin werden heute fordern, die Legehennenverordnung, Künasts größten Prestigesieg, noch einmal zu verändern.

Die beiden Landesminister stellen zu diesem Zweck den Zwischenbericht eines Gutachtens der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) in Hannover vor. Deren Tenor lautet: Die Haltung von Hühnern in Freiland- oder Bodenhaltung macht die Vögel kränker, aggressiver und lässt sie früher siechen als eine Haltung im „ausgestalteten Käfig“ – der Luxusvariante der üblichen und ab 2007 von der grünen Bundesagrarministerin Künast verbotenen Käfighaltung. Besonders in der Freilandhaltung, wo die Hühner jeden Morgen zu tausenden wieder auf die Wiese getrieben werden, kämen viele durch Kannibalismus zu Schaden. „Die sind permanent damit beschäftigt, ihre Rangordnung neu auszukämpfen“, erklärt Ehlers’ Sprecher Gert Hahne.

Ein wenig nach Rangkämpfen riecht freilich auch der Vorstoß aus Hannover, nur zwei Jahre nachdem die Legehennenverordnung auch mit den Stimmen aus Meck-Pomm und Niedersachsen (damals noch SPD-geführt) verabschiedet worden war. Und es ist wohl kein Zufall, dass Angela Merkel gestern auf dem Bauerntag der Union gegen Ökolandbau Front machte.

Denn in den letzten zwei Jahren hat sich nichts verändert. Die Studie ist nicht einmal fertig, und um den Zwischenbericht macht Niedersachsen ein großes Geheimnis: Heute wollen ihn Ehlers und Backhaus in Rostock vorlegen – alle Versuche der Kollegen, vorab etwas zu erfahren, wurden schroff abgeschlagen. Zentral in der neuen Studie ist offenbar eine Zahl: Demnach verendet in Boden- und Freilandhaltung angeblich jedes vierte Huhn vor der Zeit. Besser sei eine Haltung im „ausgestalteten Käfig“ von sechs Quadratmetern, indem rund 40 Hühner auf mehreren Ebenen lebten, eine lange Stange und Platz zum Scharren fänden. Das durchzusetzen hatten Niedersachsen und Meck-Pomm bereits vor zwei Jahren mit demselben Argument versucht – und klein beigegeben.

Künast konterte gestern im Bundestag wie vor zwei Jahren: „Auch der ausgestaltete Käfig ist immer noch ein Käfig und hindert die Tiere am artgerechten Verhalten.“ Ihre Sprecherin, Ursula Horzetzky, ergänzt, dass von Anfang an klar gewesen sei, dass für die Freilandhaltung ein ausgefeiltes Management nötig sei. „Man muss die Tiere in Gruppen unterteilen und Hecken ziehen“, so Horzetzky. „Dann geht das auch.“ Außerdem müsse man andere Hühnerrassen verwenden als die anfälligen Käfigtiere.

Vielleicht spielen am Ende Argumente ohnehin keine Rolle: Künast will die Schweinehaltung neu regeln. Dafür braucht sie die Zustimmung im Bundesrat. Die bekommt sie womöglich nur auf Kosten der Legehennen.