Viele Kölner Akten auf Mikrofilm abgelichtet

Sechs Prozent des Schriftgutes im Archiv in Köln wurden vor dem Einsturz dokumentiert. Das ist mehr als erwartet

BERLIN taz ■ Im Historischen Archiv der Stadt Köln ist zehnmal so viel Schriftgut sicherungsverfilmt worden wie bisher angegeben. „Es sind 6.396 Filme mit 10 Millionen Einzelaufnahmen“, bestätigte eine Sprecherin des zuständigen Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Köln der taz. Fünf Tage nach dem Einsturz des Archivs hatte das BBK bekannt gegeben, dass nur 638 Filme mit 1,15 Millionen Aufnahmen sicher in einem Stollen im Schwarzwald lägen.

„Ich wusste gleich, dass das nicht stimmen konnte“, erklärte Martin Luchterhand vom Landesarchiv Berlin. Er ist Vorsitzender des Fototechnischen Ausschusses, der die bundeseigene Sicherungsverfilmung fachlich begleitet. Die Angaben des BBK seien veraltet gewesen. In einer Gemeinschaftsarbeit der verschiedenen beteiligten Stellen seien innerhalb von elf Tagen Datenbanken verglichen und die aktuellen Zahlen ermittelt worden.

Archivare bringen 8.000 bis 10.000 Blatt modernes Papier auf einem Regalmeter unter. Weil das Papier der älteren Zeit dicker war, können sie hier nur 6.000 bis 8.000 Blatt pro Meter einlagern. Bei 10 Millionen Dokumenten sind damit 1,2 bis 1,7 Regalkilometer Kölner Archivalien gesichert, rund vier bis sechs Prozent der 27 Regalkilometer Bestände, die im kollabierten Archivgebäude untergebracht waren.

Die Liste der Filme liegt der taz vor. Alles vor 1815, auch die Urkunden, ist fast lückenlos dokumentiert. Düster sieht es hingegen für das 19. und 20. Jahrhundert aus. Nur das Schriftgut einiger zentraler Einrichtungen sowie Schulakten sind dicht belegt. Hinzu kommen knapp 30 ältere Nachlässe, darunter diejenigen des Reichskanzlers Wilhelm Marx und des Sammlers Ferdinanz Franz Wallraf sowie die berühmte Sammlung zum Komponisten Jacques Offenbach. Die letzte, noch nicht im Barbarastollen angelangte Charge besteht aus 10 Filmen mit 20.500 Aufnahmen von Akten des Oberbürgermeister-Büros.

Besonderen Grund zur Freude über die Verfilmung sieht aber keiner der Fachleute. Wer professionell im Blick hat, wie sich das Interesse der Forscher an Archivalien über die Jahrzehnte ändert, mag keine Erleichterung dabei finden, wenn zehntausende mittelalterliche Urkunden erhalten, aber zehntausende Akten der Nazizeit verschwunden bleiben. Zudem herrscht Unklarheit über die Brauchbarkeit der Rollen.

„Sehr viele Bestände“, so Eberhard Illner, früher Abteilungsleiter für die Nachlässe im Kölner Archiv, seien „in eher minderer Qualität“ verfilmt worden. „Das möchte ich bestreiten“, meint Ulrike Fuchs, Sprecherin des BBK: „Da wird Wert auf höchste Qualität gelegt.“ Es sei unsinnig, diesen Aufwand zu betreiben, „wenn die Sachen nachher nicht lesbar sind“, so Fuchs. BZ