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Archiv-Artikel

fahrscheine Achtung, sofort aussteigen!

Traditionell geben weder BVG noch S-Bahn Zahlen ihrer verkauften Tickets heraus – gerne mit Verweis auf Wettbewerber, die daraus geheime, geschäftsschädigende Infos ablesen könnten. Welche Wettbewerber die Berliner Monopolisten da meinen, wissen nur sie. Beliebt ist auch der Hinweis, die Tarife wechselten von Jahr zu Jahr, seien deshalb kaum vergleichbar, schrecklich kompliziert und überhaupt. Die VBB-Rechnung macht die Geheimniskrämerei verständlich: Zehntausende Stammkunden in wenigen Jahren zu verlieren ist nicht nur mehr als peinlich, es zeugt auch von falscher Geschäftspolitik.

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

Jahrelang die treue Klientel überproportional zu schröpfen signalisiert diesen vor allem eines: Achtung, aussteigen bitte! Die Versuchung ist groß: Der BVG sitzen Schulden von 1 Milliarde Euro im Nacken. Der Senat kürzt die Zuschüsse. Wenn die Betriebe beim einträglichen Stammkundengeschäft zulangen, realisieren sie große Einnahmen. Doch das ist zu kurz gedacht. Die Verkehrsbetriebe sägen, um im Bild zu bleiben, an der eigenen Schiene. Wer aus Stamm- nur noch Manchmalkunden macht, verdirbt sich das künftige Geschäft.

Die BVG müht sich zu sparen: Der anvisierte Spartentarifvertrag ist ein Versuch. Für ihn war es höchste Zeit. Selbst dem – des Sozialneids unverdächtigen – Fahrgastverband leuchtete nicht mehr ein, warum ein BVG-Busfahrer deutlich mehr verdient als sein westdeutscher Kollege.

Doch im Haus ist altes Pfründendenken aus Westberliner Zeiten noch immer weit verbreitet. Geschichten über Dienstwagen oder überhöhte Managergehälter klingen wie aus einer anderen, längst vergangenen Zeit. Ihre Fahrgäste mussten im neuen Agenda-Hartz-Berlin ankommen, ob sie wollten oder nicht. Die BVG ist längst nicht so weit.