: Gedenken vor Ort
betr.: „Das ist unser Familienerbe“, taz Magazin vom 22. 1. 05
Alle Beteiligten geben sich in dem Interview um den 27. Januar als Gedenktag und das Erinnern und Vergessen viel Mühe. Dennoch wird in dem vielleicht etwas literarisch überfrachteten Gespräch ein zentraler Punkt weiträumig umgangen: Von einer kurzen Anfangszeit des an der Basis entstehenden und lokal orientierten Gedenkens unmittelbar nach der Befreiung abgesehen, wird in Deutschland Gedenken an deutsch-jüdische und NS-Vergangenheit spätestens seit den Sechzigerjahren massiv zentralisiert und zunehmend von oben verordnet. Beide Prozesse werden beim Gedenktag 27. Januar (und auch z. B. beim Berliner Holocaust-Mahnmal) erschreckend deutlich – und deshalb kann dieser Tag nicht „funktionieren“. Wie könnte er auch? Welche Bedeutung hat Auschwitz für mich? Ein Vernichtungslager in Polen – fern, abstrakt. Für mich, in Regensburg lebend, ist doch u. a. die Außenstelle des KZ Flossenbürg hier in der Stadt denkwürdig, die in der Reichspogromnacht geschändete Synagoge oder zerstörte Läden jüdischer Besitzer. Ich denke, nur das Gedenken vor Ort kann funktionieren, kann wirkliches Ge-Denken sein.
FRANZ SCHUHWERK, Regensburg
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