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Archiv-Artikel

Wunschzettel für die Bildung

Vor Etatverhandlungen und SPD-Parteitag: Bildungssenator will mehr Geld für soziale Brennpunkte. Sonst drohe „Explosion gesellschaftlicher Folgekosten“

Bildungssenator Klaus Böger (SPD) bringt sich in Stellung. In den kommenden Monaten muss er mit Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) über seinen Etat für 2006/2007 verhandeln, Anfang April wird der SPD-Parteitag sein bildungspolitisches Programm festlegen. Von beidem erhofft sich Böger eines: mehr Unterstützung für die Bildung in sozialen Brennpunkten.

Deshalb trat der Senator gestern wieder einmal vor die Presse und formulierte – diesmal gemeinsam mit den zuständigen SPD-StadträtInnen aus Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg –, was in den betroffenen Quartieren passieren muss. „Durch die Stadt geht eine Spaltung“, sagte Böger. „Wenn in der Bildungspolitik jetzt nicht gegengesteuert wird, ist eine Explosion der gesellschaftlichen Folgekosten vorhersehbar.“ Die drei SozialdemokratInnen haben einen Schwerpunktkatalog erarbeitet, der in zweistelliger Millionenhöhe zu Buche schlagen dürfte.

Danach sollen in den Grundschulen, in denen mehr als 40 Prozent der Kinder nichtdeutscher Herkunft sind, die Klassen – statistisch gesehen – schrittweise auf 20 Kinder reduziert werden. So sollen zahlreiche Klassen mit zwei LehrerInnen ausgestattet werden, die Gruppen könnten geteilt werden. Begonnen werden soll damit im Schuljahr 2005/2006 mit den Klassen eins und zwei. Kostenpunkt allein hierfür: 1,7 Millionen Euro. Die betroffenen Grundschulen sollen zudem Schulstationen erhalten, in denen je zwei ErzieherInnen oder SozialarbeiterInnen für die SchülerInnen da sind. Es soll Samstagsangebote und Sommerschulen geben.

Die Hauptschulen sollen schrittweise auf Ganztagsbetrieb umgestellt, die Klassen verkleinert werden. Zudem wollen die BildungspolitikerInnen zusätzliche SozialarbeiterInnen einsetzen. Auch das Fort- und Weiterbildungsprogramm für LehrerInnen soll ausgebaut (1 Millionen Euro), die Anzahl der Mütterkurse verdreifacht werden (1 Millionen Euro). Zudem soll das Gesundheitsamt künftig den Entwicklungsstand aller Vierjährigen untersuchen. Böger prüft, ob eine Kitapflicht für solche Kinder rechtlich möglich ist, die in Motorik- und Sprachentwicklung hinterherhinken.

Was aus ihrem Wunschzettel wird, wenn keine zusätzlichen Mittel fließen, wollten die drei PolitikerInnen gestern nicht sagen. Gedanken machen aber sollten sie sich darüber. Finanzsenator Sarrazin hat nämlich bereits mitteilen lassen, dass eine Aufstockung des Bildungsetats nicht möglich sei. SABINE AM ORDE