Duett aus der Mensa

Harmonie bei Rheinenergie Köln: Das Führungsduo geht in die Uni-Mensa, die Basketballer schlagen Alba Berlin

KÖLN taz ■ Dass die meisten Sportfilme im Fernsehen so kitschig daherkommen, liegt wahrscheinlich daran, dass sie die Realität überhöhen müssen. Und das ist gar nicht so einfach. Noch 42 Sekunden Spielzeit, der Pass kommt auf den rechten Flügel, Marko Pesic steigt hoch und – trifft. Einen unmöglichen Dreipunktwurf, fast mit einem gegnerischen Finger in der Nase. Es war das 74:71 für Basketball-Bundesligist Rheinenergie Köln, der sich danach vor 6.415 Besuchern in der Kölnarena den Sieg gegen Ligaprimus Alba Berlin nicht nehmen ließ.

Pesic war acht Jahre lang die personifizierte Berliner Siegesgewissheit, jetzt spielt er für Köln „Ich wusste, er kann jederzeit explodieren“, bilanzierte Armin Andres. Und was Kölns Coach zuvor von dem 28-Jährigen sah, war engagiert, aber mau. Fünf Mal nahm er jenseits der 6,25-Meter-Linie Maß, nur einer saß. Doch Andres vertraute dem Flügel. Und so bleibt Köln daheim ungeschlagen. „Ich finde es wichtig, dass immer fünf, sechs Spieler zweistellig punkten“, sagte Andres. Gegen Alba handelten Sasa Obradovic (18), Joaquim Gomes (14), Bill Edwards (13), Marko Pesic (12) und Immanuel McElroy (11) laut Vorgabe. Es ist das gelebte Credo des Trainers, dass nur ein harmonisierendes Team basketballerisch potent ist. Dazu gehören Vertrauen und Zusammenhalt – Wörter, die in dem einst als Finanzkonstrukt verhöhnten Klub kaum präsent waren.

Auch Sportdirektor Stephan Baeck war vornehm begeistert: „Wir sind auf einem guten Weg.“ Geebnet hätte den vor allem jener Andres. Es passt zwischen Baeck und Andres, die beiden besprechen sich auch mal bei einem Salat in der benachbarten Sporthochschul-Mensa. Unter Minic undenkbar. „Er hat sich immer ein wenig bedroht gefühlt“, sagt Baeck.

Vorbei auch die Zeit der mannschaftsinternen Rudelbildung, die letzte Saison groteske Züge annahm. Nach dem Pokalgewinn 2004, dem größten Kluberfolg, wurde bis 6 Uhr in der Früh gefeiert. Doch die US-Spieler C.C. Harrison und Terrence Rencher gingen gegen Mitternacht unamüsiert nach Hause. Andres geht jetzt mit seinen Jungs in den Zirkus. Der große Kölner Basketball-Traum bleibt eine Halle mit bis zu 7.000 Sitzen. „Konkretes gibt es weiterhin nicht“, sagt Baeck. Sie fühlen sich nicht recht wahrgenommen dort am Girlitzweg. Fünf Minuten bräuchte man allein, um den Leuten zu erklären, wo die Halle sei, sagt Pressereferentin Marketa Tresnak. Und dann immer das Hoffen, dass es nicht regnet. Dann tänzeln die Besucher vom Parkplatz aus durch eine Seenplatte zur Halle. Und die vier Spiele in der Kölnarena wie das gegen Berlin sind sowieso Verlustgeschäfte mit Anlauf.

Nach dem 80:76 (38:39) gegen den siebenmaligen Meister ist die Meisterschaft das Ziel. Vor allem nach dem Ausscheiden im Uleb-Cup. „Köln hat die Big Points gemacht“, sagte Berlins Neu-Trainer Henrik Rödl, nach sieben Siegen erstmals geschlagen. Daran konnte auch Berlins Zonenverteidigung und Center Jovo Stanojevic (23 Punkte) nichts ändern. Es war an Obradovic, der kahle und kühle Kopf des Kölner Spiels, die Berliner nie weiter als beim 24:35 (16.) und 50:61 (28.) wegziehen zu lassen. „Wir haben uns jetzt eine Menge Respekt erarbeitet“, befand Sportdirektor Baeck. Sein respektabler Tipp vor dem Spiel: „83:75 für Köln.“ KAJO SCHMITZ