: Alstersegler sollten Linke wählen
Nur kleinere Parteien, Linke und Grüne wären für eine Straßenbahn in Hamburg. SPD und CDU setzen auf den Bau der U-Bahn-Linie 5. Aber der ist teuer und braucht riesige Bauflächen in der City
Von Kaija Kutter
Welche Pläne haben die Parteien, die in Hamburg zur Wahl stehen, für die Stadt? Im Wahl-O-Mat steht die Wiedereinführung der Straßenbahn an erster Stelle. Ja dazu sagen die Linke, die Grünen, die Wählervereinigung „Die Wahl“, die FDP und drei weitere kleine Parteien. Nein sagen SPD und CDU sowie Tierschutzpartei, Freie Wähler, NPD und AfD.
An der Basis wird das Thema auch bei der SPD nicht so einheitlich gesehen, wie im Sommer 2023 ein Antrag der Jusos zeigte. Aber als Antwort auf die erste von 38 Fragen, die die Landeszentrale für Politische Bildung den Parteien für den Wahl-O-Mat zuschickte, heißt es bei der Hamburger SPD: „Straßenbahnen belasten den ohnehin stark genutzten Straßenraum.“ Der Schlüssel für zukunftsfähigen Verkehr liege daher beim „Ausbau von U- und S-Bahnen“.
Doch der Bau wird lange dauern und viel Geld kosten. Die U5 zum Beispiel, die einmal von Hamburg-Bramfeld durch die Innenstadt zu den Sportarenen im Westen führen soll, wird nicht vor 2040 fertiggestellt sein und voraussichtlich mehr als 16 Milliarden Euro kosten. Optimistisch verkündete die Hamburger Hochbahn kürzlich, sie wolle nun gleichzeitig von Ost und West in Richtung Alster bauen und schon in den 2030er-Jahren Teile der Strecke auf beiden Seiten in Betrieb nehmen.
Nebenbei wurde publik, dass für den Bau durch die Innenstadt eine riesige Abstellfläche benötigt wird und dafür 50.000 Quadratmeter in der Hamburger Außenalster aufgeschüttet werden sollen. Das kommt bei Hamburgs Seglern nicht gut an. Eine Petition dagegen sammelte fast 9.000 Unterschriften. Jetzt, kurz vor der Wahl, versucht die Hochbahn zu beschwichtigen. Man sei verpflichtet, alle Möglichkeiten zu prüfen. Ein Baugebiet an der Alster sei „sehr unwahrscheinlich“, da versiegelte Flächen bevorzugt würden. Alternativen wie die Nutzung des Parks an der Moorweide scheinen nicht weniger umstritten.
Wenn Hamburgs Segler und Ruderer sicher sein wollen, dass die Alster unangetastet bleibt, könnten sie sich an die Linke halten. Die hält zwar den bereits begonnenen Bau der U5 im Nordosten für unumkehrbar, will aber keine U-Bahn unter der Alster durch die ganze Stadt bauen und setzt stattdessen auf die Straßenbahn.
Das alte, über 200 Kilometer lange Netz habe vielen Menschen in Hamburg eine gute Verbindung geboten, schreibt die Linke im Wal-o-Mat. Eine moderne Straßenbahn sei „barrierefrei, ganz klar günstiger, nachhaltiger und schneller gebaut als die aktuell geplante U5“. Jede andere deutsche Großstadt habe eine solche Straßenbahn. Nur der Hamburger Senat halte „stur an der Betonpolitik der tief liegenden U-Bahn-Tunnel fest“, heißt es weiter. Und Kämpferisch: „Die Linke ist die Straßenbahnpartei in Hamburg.“
Auch die Grünen sehen hier einen Punkt. Das Schienennetz in Hamburg sei sternförmig um den Hauptbahnhof herum angelegt. Die einzelnen Stadtteile seien nur durch Busse verbunden, die oft überlastet seien. „Eine ringförmige Stadtbahn wäre eine sichere, umweltfreundliche und nachhaltige Lösung für das Problem“, antworten die Grünen beim Wahl-O-Mat.
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Diese Position vertrat auch die CDU im Wahlkampf 2019, als Spitzenkandidat Marcus Weinberg eine „Metro-Tram-Altona“ vorstellte. Der Platz dafür sei vorhanden, da sich die Strecken an den alten Straßenbahnlinien orientierten. Doch während die FDP diesmal zumindest noch über die Straßenbahn „nachdenkt“, gibt die CDU der Idee keine Chance mehr, denn „Hamburgs Straßenraum ist begrenzt“, so die Antwort.
Blickt man in die Geschichte zurück, war Hamburg der Straßenbahn schon mehrmals nahe. 1998 planten SPD und Grüne ein Netz, das wurde 2001 von der CDU kassiert. 2008 planten CDU und Grüne eine Linie, die 2011 mit dem Regierungswechsel zur SPD beerdigt wurde. Damit das nicht immer so weitergeht, gab es die Idee eines „Verkehrsfriedens“. Doch davon spricht im Moment niemand. Die Straßenbahnfreunde sind sich aber sicher, dass mit der neuen Bundesregierung die Finanzierung der 16 Milliarden Euro für die Gesamtstrecke der U5 fraglich wird – und sich die Stadtbahn bald als günstigere Alternative anbietet.
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