die dritte meinung
: Die Schließung der Haasenburg-Heime für rechtswidrig zu erklären ist gefährlich, sagt Renzo Martinez

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Cottbus, das die im Jahr 2013 erfolgte Schließung der Heime der Haasenburg GmbH im Nachhinein für rechtswidrig erklärt, wirft nicht nur juristische, sondern auch institutionelle Fragen auf. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass in der Haasenburg zu dem Zeitpunkt, als sie im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit stand, keine akute Kindeswohlgefährdung bestand, und sollte es sie geben haben, hätten ja Auflagen gereicht.

Besonders alarmierend ist, dass das Gericht die mögliche Verletzung der Grundrechte der Kinder und Jugendlichen abfällig damit relativierten, diese wären ja „schwierige Klientel“ gewesen. Dabei hat es nie mit uns, den Betroffenen, gesprochen.

Das Verfahren hätte eine Gelegenheit sein können, die Schutzmechanismen für vulnerable Kinder und Jugendliche zu stärken. Stattdessen scheint es das Gegenteil zu bewirken. Denn nach Logik dieses Urteils müssten solchen Einrichtungen im Zweifel wieder und wieder Chancen eingeräumt werden. Damit steht das Landesjugendamt in Brandenburg künftig vor einer scheinbaren Handlungsunfähigkeit, die folgenschwere Auswirkungen auf die gesamte Kinder- und Jugendhilfe haben wird.

Eine der dringenden Empfehlungen der Expertenkommission damals lautete, dass jeder Jugendliche in der Haasenburg einen Alarmknopf haben sollte, mit Verbindung zu einer nahegelegenen Polizei oder Rettungswache. Eine Einrichtung, in der die latente Gefahr für Leib und Seele für die dort untergebrachten Kinder und Jugendlichen so hoch ist, dass sie offensichtlich einen Panikknopf brauchen, sollte auch keine Betriebserlaubnis haben. Um zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen, braucht es nichts als Anstand.

Renzo Rafael Martinez

33 Jahre alt, war von 2003 bis 2006 in der Haasenburg untergebracht. Er ist Gründer der Betrof­fe­nen­gemein­schaft der ehemaligen Haasenburg-Kinder.

Dieses Urteil bedeutet eine Gefährdung von Kindern, die aktuell noch in ähnlichen Heimen untergebracht sind. Allein deswegen muss das Ministerium auf Berufung klagen. Ich aber frage mich: Wenn man der Haasenburg die Betriebserlaubnis nicht entziehen kann, welcher Einrichtung dann?