Sie lieben sich nicht, aber bleiben zusammen

In Bayern steht die neue alte Koalition aus CSU und Freien Wählern. Aiwangers Partei erhält künftig ein Ministerium mehr – und der Chef selbst mehr Macht über ein Lieblingsthema

Eine Koalitionsspitze wie ein altes Ehepaar: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (FW, rechts) Foto: Fo­to: Peter Kneffel/dpa

Von Cem-Odos Güler

Bayern hat eine neue Regierung, und Ministerpräsident Markus Söder zeigte sich bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags mit den Freien Wählern gönnerhaft. „Wir haben zugestanden, dass die Freien Wähler ein Ministerium mehr bekommen“, sagte der CSU-Chef am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in München.

Die Parteien verständigten sich nach zweiwöchigen Verhandlungen auf die weitere Zusammenarbeit in der bayrischen Landesregierung. Während die Freien Wähler (FW) ihre Ministerriege schon bekanntgaben, will die CSU ihre Besetzung erst in zwei Wochen verkünden.

„Das ist keine Liebesheirat und keine Kuschelkoalition“, sagte Söder in demonstrativer Abgrenzung zu den Freien Wählern, mit denen die CSU auch in der vergangenen Legislatur schon zusammen regiert hatte. Zuletzt galt das Verhältnis zwischen dem CSU-Vorsitzenden und dem Chef der FW, Hubert Aiwanger, als unterkühlt. Diskussionen über Aiwanger hatten den bayerischen Landtagswahlkampf dominiert, weil er als Schüler ein antisemitisches Flugblatt mit sich geführt hatte. Nach der wochenlangen Affäre um den FW-Chef, konnte die Partei bei der Landtagswahl am 8. Oktober auf ein Rekordergebnis von 15,8 Prozent zulegen und wurde zweitstärkste Kraft im bayrischen Landtag hinter der CSU, die ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis mit 37 Prozent einfuhr.

Nun erhalten die Freien Wähler neben den Ministerien für Wirtschaft, Kultur und Umwelt, die sie bereits in der vergangenen Legislatur besetzt hatten, außerdem Zugriff auf das Digitalministerium. Dafür bekommen die Christsozialen einen der beiden Posten als Staatssekretär, die zuletzt den FW zustanden: Die CSU wird den neuen Posten im bayrischen Ministerium für Heimat und Finanzen ansiedeln, sein Inhaber solle sich um den „ländlichen Raum“ kümmern.

Söder sagte, die Ressortverteilung sei auf der Grundlage der Wahlergebnisse „mathematisch begründet“. Er ergänzte süffisant: „Das Digitalministerium ist das kleinste Ministerium neben dem Europaministerium. Ich bin mir sicher, die Freien Wähler werden einiges daraus machen.“

Die CSU-Fraktion und der Parteivorstand haben nach Angaben des Vorsitzenden einstimmig über den Koalitionsvertrag entschieden. Er wurde am Donnerstag gegen 14 Uhr im Bayrischen Landtag unterzeichnet. Die Vereinbarung ist 85 Seiten lang, die CSU sprach von „70 neuen Projekten“, die angegangen werden sollen. So wolle Bayern „als Pionier die Chipkarte“ für Leistungen für Asylsuchende in Deutschland einführen. Außerdem bekennt sich die Koalition zu den Pariser Klimazielen, was Söder bei der Vorstellung des Programms als Erfolg wertete.

Die einzige Frau im Tableau der Freien Wähler wird die Kultusministerin sein. Sie heißt Anna Stolz und war vorher Staatssekretärin. Jetzt rückt sie auf den Chefinnenposten in ihrem Haus vor, steht wegen der Rochade im Kabinett ihrerseits aber künftig ohne einen Staats­se­kre­tä­r da.

„Das Digital­minis­te­rium ist das kleinste Ministerium. Ich bin mir sicher, die FW werden einiges daraus machen“

Markus Söder, CSU-Chef

Der Staats­se­kre­tä­rsposten, den die FW behalten, bleibt weiter im Wirtschaftsministerium angesiedelt, das Parteichef Aiwanger mit leicht verändertem Aufgabenbereich leiten wird. Dort ist nun das Thema Jagd angesiedelt. Söder sagte, ­Aiwanger habe sich dafür persönlich eingesetzt. In Bayern wird das Thema Jagd wegen der Wolfsbestände leidenschaftlich diskutiert. Auch deshalb hätten die FW am liebsten das Agrarministerium übernommen, das bleibt nun aber weiter in der Hand der CSU.

Die CSU will ihre Minister am 8. November bekanntgeben.