Klimakrise macht Lebensmittel teurer

Hitze, Dürre und Fluten haben zuletzt zum Beispiel zu höheren Preisen für Orangensaft und Olivenöl geführt. Die Erderhitzung droht das Problem sogar noch zu verschärfen

Saftiges Problem: Florida erwartet die schlechteste Orangenernte überhaupt Foto: imago

Von Christian Mihatsch
und Susanne Schwarz

Der Klimawandel treibt die Lebensmittelpreise hoch. So hat sich Orangensaft in den letzten zwölf Monaten um 78 Prozent verteuert. Der Grund dafür sind Wetterereignisse, die wegen des Klimawandels an Intensität zugenommen haben. Der für den Orangenanbau wichtige US-Bundesstaat Florida wurde im vergangenen Jahr von zwei Hurrikanen getroffen und leidet dieses Jahr zusammen mit anderen Orangenexporteuren wie Spanien unter einer Hitzewelle, die nachweislich mit dem Klimawandel in Verbindung steht. Florida erwartet daher die schlechteste Orangenernte der Geschichte.

Ähnlich ist es bei Zucker. Der Preisindex für Zucker der Welternährungsorganisation ist letztes Jahr wegen Überschwemmungen in Indien um über ein Drittel gestiegen und sinkt nun langsam wieder ab. Auch Olivenöl ist klimabedingt teurer: Wegen der extremen Dürre in Spanien hat sich der Preis seit Anfang des Jahres verdoppelt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ausgerechnet, dass die durch den Klimawandel begünstigte Hitzewelle im vergangenen Jahr mit 0,67 Prozentpunkten zur Inflation der Lebensmittelpreise beigetragen hat. Und dieses Jahr sieht die Situation nicht besser aus. Während die Inflationsrate in Deutschland im Juli auf leicht 6,2 Prozent gesunken ist, lag sie bei Lebensmitteln noch immer bei 11 Prozent. Das Statistische Bundesamt schreibt daher: „Die Nahrungsmittel bleiben damit der stärkste Preistreiber unter den Güterbereichen.“

Hinzu kommt, dass die Erderhitzung seit diesem Jahr noch durch das natürliche Wetterphänomen El Niño unterstützt wird. Dabei verändern sich Meeresströmungen im Pazifik, was sich weltweit auf das Klima auswirkt – unter anderem dadurch, dass es temporär im Schnitt wärmer ist. In den vergangenen Jahren herrschte das meteorologische Gegenstück La Niña, wirkte also sogar kühlend, obwohl auch 2022 zu den wärmsten je gemessenen Jahren zählte.

Die Kombination aus menschlich verursachter Erderhitzung und El Niño könnte auch Folgen für Grundnahrungsmittel haben: Die US-Investmentbank Morgan Stanley schätzt, dass auf nennenswerten Teilen der Anbaugebiete für Weizen (44 Prozent), Reis (43 Prozent) und Mais (32 Prozent) ein hohes Dürrerisiko besteht.

Klimaforscher Corey Lesk vom US-amerikanischen Dartmouth College warnt deshalb: „Wir bewegen uns derzeit auf ein Klimaregime zu, das wir noch nie zuvor gesehen haben“, sagt er. „So gut wie jeden Sommer gibt es jetzt eine rekordverdächtige Hitzewelle, und zwar nicht nur in einer Kornkammer, sondern in mehreren Kornkammern der Welt.“ Damit könnten also auch Grundnahrungsmittel wie Getreide immer stärker betroffen sein.

Aktuell hat der Mensch die Erde gegenüber dem vorindustriellem Niveau schon um etwa 1,2 Grad aufgeheizt, vor allem durch die Nutzung fossiler Energiequellen. Diese zu beenden ist entsprechend auch der Haupthebel, um die Erhitzung des Planeten einzugrenzen. Soll bei 1,5 Grad Stopp sein, müssen sich die CO2-Emissionen weltweit bis 2030 ungefähr halbieren, um bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen. Bislang wächst der Ausstoß im globalen Schnitt allerdings weiter an.

Der Einfluss der geopolitischen Lage auf die Preise hat sich nach knapp anderthalb Jahren Krieg in der Ukraine indes eher verflüchtigt. Die Preise für die meisten Rohstoffe sind wieder auf das Niveau zurückgefallen, auf dem sie vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine lagen. Sonnenblumen- sowie Rapsöl und Weizen, aber auch Gas, Öl und Kohle sind beispielsweise wieder deutlich im Preis gefallen.

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