Britischer Ex-Premier Boris Johnson: Rücktritt mit Comeback-Option

Der frühere britische Regierungschef räumt ein, gegen Corona-Regeln verstoßen zu haben. In seiner Rücktrittsrede deutet er eine erneute Kandidatur für das Parlament an.

Boris Johnson, ehemaliger Premierminister von Großbritannien, verlässt mit Koffern bepackt sein Haus

Inzwischen hat er seine Sachen auch im britischen Parlament gepackt: Boris Johnson Foto: Kirsty O'connor/dpa

LONDON ap | Der frühere britische Premierminister Boris Johnson legt sein Mandat als Abgeordneter des Parlaments nieder. Johnson teilte am Freitag mit, Grund sei die Ankündigung, er werde wegen Irreführung des Parlaments sanktioniert. Der ehemalige Regierungschef hatte zuvor die Ergebnisse eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur sogenannten „Partygate-Affäre“ um Verstöße gegen Lockdown-Regeln während der Corona-Pandemie erhalten.

In einer langen Rücktrittserklärung beschuldigte der 58-Jährige seine Gegner, ihn aus dem Amt drängen zu wollen. Den Ausschuss bezeichnete er als ein „Känguru-Gericht“. Der Rücktritt wird eine Sonderwahl auslösen, um Johnson als Abgeordneten für seinen Wahlkreis in einem Londoner Vorort zu ersetzen.

Johnson wurde vorgeworfen, während der Corona-Pandemie gegen die britischen Lockdown-Regeln verstoßen und später das Parlament darüber belogen zu haben. Nachdem im Dezember 2021 Berichte über Partys in Regierungsgebäuden aufgetaucht waren, versicherte Johnson den Abgeordneten wiederholt, er und seine Mitarbeiter hätten sich stets an die Corona-Regeln gehalten. Das erwies sich als falsch, wie Johnson einräumte. Aber er habe das damals ehrlich geglaubt, beteuerte er. Dem Ausschuss hatte er gesagt, er habe angenommen, dass es sich bei den fünf Veranstaltungen, an denen er teilgenommen habe – einschließlich der Verabschiedung eines Mitarbeiters und seiner eigenen Überraschungsgeburtstagsfeier – um „rechtmäßige Arbeitsveranstaltungen“ gehandelt habe, die dazu dienten, die Moral der wegen der Pandemie überarbeiteten Mitarbeiter zu stärken.

In einem Zwischenbericht vom März erklärte der Ausschuss, die Beweise deuteten stark darauf hin, dass es für Johnson offensichtlich gewesen sei, dass die Treffen in seinen Büros in der Downing Street 2020 und 2021 gegen die Lockdown-Regeln verstießen. Johnson und weitere Teilnehmer der Feiern wurden von der Polizei dafür zu Geldstrafen verdonnert. Seine Berater hätten ihm versichert, dass nicht gegen die Corona-Regeln verstoßen worden sei, erklärte Johnson. Diese Aussagen bestritten ranghohe Mitarbeiter.

Rücktritt kommt einem Rauswurf zuvor

Johnson trat im vergangenen Jahr nach zahlreichen Skandalen vom Amt des Premierministers zurück. Seinen Sitz im Unterhaus behielt er jedoch.

In seiner Rücktrittserklärung deutete er an, dass seine politische Achterbahnfahrt möglicherweise noch nicht zu Ende ist. „Es ist sehr traurig, das Parlament zu verlassen – zumindest für den Moment“, sagte er. Es wurde erwartet, dass der Ausschuss seinen Bericht in den nächsten Wochen veröffentlichen würde – Johnson hätte mit einem Ausschluss aus dem Unterhaus rechnen müssen, wenn man ihn der vorsätzlichen Lüge überführt hätte. Durch seinen Rücktritt vermeidet er die Suspendierung. In Zukunft kann er wieder für das Parlament kandidieren. Seine Rücktrittserklärung deutete darauf hin, dass er diese Option in Erwägung zieht.

Johnson ging mit seinem Nachfolger Rishi Sunak, der in Johnsons Regierung das Finanzministerium geleitet hatte, bevor er im Juli 2022 zusammen mit vielen anderen Kollegen das Handtuch warf, hart ins Gericht. „Als ich letztes Jahr aus dem Amt schied, lag die Regierung in den Umfragen nur eine Handvoll Punkte zurück. Dieser Rückstand hat sich jetzt massiv vergrößert“, behauptete Johnson. Tatsächlich gingen die Umfragewerte der Konservativen in den turbulenten letzten Monaten von Johnsons Amtszeit in den Keller und haben sich bis heute nicht erholt. „Nur wenige Jahre, nachdem wir die größte Mehrheit seit fast einem halben Jahrhundert errungen haben, ist diese Mehrheit nun eindeutig in Gefahr“, sagte Johnson. „Unsere Partei muss dringend ihren Schwung und ihren Glauben an das, was dieses Land tun kann, zurückgewinnen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.