Anpassung an Wetterextreme: Schon wieder fehlen Daten

Wo bei Starkregen Fluten zu erwarten sind, soll Bauen verboten werden, fordert der Wasserverband. Als Erstes müsse man aber wissen, wo das ist.

zerstörte Brücke

Um Schäden wie bei der Ahrflut 2021 zu vermeiden, helfen nur strikte Kartierungen – und Verbote Foto: dpa

BERLIN taz | Bei der Ausweisung von Baugebieten sollen die Kommunen künftig stärker auf Wetterextreme achten und Neubauten in besonders gefährdeten Gebieten verbieten. Das fordert die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) in einem Memorandum, das sie am Montag an Parlamentarier übergab. „Wir brauchen ein verpflichtendes Starkregenrisiko-Management“, heißt es in dem Papier.

Um dafür eine valide Datengrundlage zu haben, sei es nötig, Starkregengefahren zu kartieren. Diese Kartierung müsse „auf bundeseinheitlichen Bewertungsstandards aufbauen und auch für die Bevölkerung ‚lesbar‘ sein“, so die DAW. Entscheidend sei eine verständliche Kommunikation, denn die Bevölkerung werde die Folgen einer entsprechend geregelten Bauleitplanung deutlich zu spüren bekommen: „In besonders gefährdeten Gebieten muss ein generelles absolutes Bauverbot durchgesetzt werden“, fordert der Wasserverband.

Einige Bundesländer haben solche Kartierungen schon, etwa Nordrhein-Westfalen. „Bundesweit fehlen sie aber“, sagt Bernd Düsterdieck, Beigeordneter für den Bereich Umwelt und Städtebau beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. „Der Bund soll sich schon selbst beim Wort nehmen und einheitliche Standards schaffen“, so Düsterdieck. Die Daten müssten für alle Kommunen und Bürger einsehbar sein. Die Aufgabe, sie bereitzustellen, sieht er beim Bundesamt für Kartografie und Geodäsie. In Hochwasserentstehungsgebieten könnten auch heute schon Bauverbote ausgesprochen werden, etwa in der Nähe von Flüssen. Auch werde keine Gemeinde ein neues Baugebiet in Risikogebieten ausweisen. „Dafür ist es aber wichtig, solche Risikogebiete zu kennen“, sagt Düsterdieck.

Vollkasko geht nicht

Einen vollständigen Schutz gegen Überflutungen könne es auch künftig nicht geben, schreibt die DAW, die rund 14.000 Fach- und Führungskräfte der Wasser- und Abfallwirtschaft aus Kommunen, Hochschulen, Ingenieurbüros, Behörden und Unternehmen vertritt. „Für eine notwendige Risikominderung ist es besonders wichtig, die Vorsorge bereits mit dem Rückhalt in der Fläche zu beginnen“, so das Memo. Dafür müssten Böden und Auen renaturiert und reaktiviert werden, „weil damit nicht nur die Überflutungsvorsorge, sondern auch die Vorsorge gegen Trockenheit und Dürre und der Biodiversitätsschutz gestärkt werden“.

Der Bundestag sollte bei allen Gesetzesvorhaben einen Wassercheck einführen

Im Frühjahr hatte die Bundesregierung unter Federführung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) eine Nationale Wasserstrategie beschlossen. Diese hat die von der DAW geforderte gesetzliche Pflicht für Kommunen und Länder aufgegriffen, Gefahren- und Risikokarten zu erstellen und bei der Bebauungsplanung zu berücksichtigen. Allerdings besitzt die Strategie einen empfehlenden und keinen gesetzgebenden Charakter. Auch die Priorisierung von Wasser in Dürrezeiten ist in der Strategie nicht klar geregelt.

Ungleich verteilte Ressource

Die DWA unterstütze die Nationale Wasserstrategie, allerdings setze ein „Erfolg die konsequente Umsetzung voraus“, heißt es im Memorandum. Dazu müsse der Bundestag eine unterstützende Entschließung fassen und bei allen Gesetzesvorhaben einen „Wassercheck“ einführen.

Der Klimawandel mache Wasser auch in Europa zu einer zentralen Ressource, die phasenweise und örtlich im Übermaß vorhanden ist, dann aber über größere Zeiträume knapp werde. „2022 fielen im Jahresmittel in Deutschland 15 Prozent weniger Regen als sonst. Bezogen auf den Sommer betrug das Minus im Vergleich zur Referenzperiode 1961 bis 1990 sogar 40 Prozent“, so die DAW.

In Süddeutschland ist teils 20 mal mehr Wasser verfügbar als im Nordosten

Das natürliche Wasserangebot in der Bundesrepublik ist laut Umweltbundesamt (UBA) sehr ungleich verteilt: In den Gebirgsregionen Süddeutschlands ist demnach zehn- bis zwanzigmal mehr Wasser verfügbar als beispielsweise im trockenen Brandenburg. „Zwar herrscht in Deutschland im Mittel kein Wasserstress“, schreibt das UBA, „jedoch gibt es regionale und saisonale Unterschiede.“

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