Die Verständnisfrage: Viel Knaster fürs Kicken?

Warum verdienen Fußballer eigentlich so viel mehr als Ärzte, fragt ein Schüler. Ein Ex-Profifußballer antwortet.

Neven Subotic liegt jubelnd auf dem Spielfeld

Ex-Spitzenfußballer Neven Subotic Foto: Federico Pestellini/imago

In der Verständnisfrage geht es jede Woche um eine Gruppe, für deren Verhalten der Fragesteller_in das Verständnis fehlt. Wir suchen eine Person, die antwortet.

Florian (16), Schüler einer 10. Klasse aus Hamburg fragt:

Liebe Profifußballer, warum verdient ihr mehr als Ärzte?

Neven Subotić, 34, Ex-Profi bei Borussia Dortmund und in der serbischen Nationalelf, antwortet:

Als Profi habe ich diese hohen Gehälter bekommen. Als ich jünger war, war es schwierig für mich, damit umzugehen. Ich habe schnell viel Geld ausgegeben, mir teure Autos gekauft und viel Party gemacht. Irgendwann habe ich mich aber gefragt, woher dieses Geld kommt und wie fair das eigentlich alles ist.

Das Geld im Fußball kommt aus mehreren Quellen. Zum einen sind es die Verkäufe, also Tickets, Trikots und anderes Merchandise. Zum anderen sind es Sponsoren und Fernsehrechte. Durch die globale Vermarktung der Clubs gibt es auch immer mehr Investoren, die am Fußball mitverdienen wollen und Geld in die Vereine pumpen. So etwas gibt es im Gesundheitswesen nicht, Ärz­t*in­nen­ ver­kau­fen keine Trikots und kriegen auch keine Werbedeals.

Nach außen rechtfertigen die öffentliche Aufmerksamkeit, der hohe Konkurrenzkampf und der Leistungsdruck die riesigen Gehälter. Diese Aspekte treffen aber nicht nur auf Fußballer zu. Eine Freundin von mir ist Stabhochspringerin, lebte mit 30 noch bei ihren Eltern und kassierte nie solche Gehälter, obwohl sie als Olympia-Athletin unter noch größerem Konkurrenzdruck steht und auch mehr Zeit in den Sport investiert hat als ich. Im Profisport sind also hohe Gehälter keine Selbstverständlichkeit. Der Fußball ist allerdings so durchkommerzialisiert, dass es sich schnell so anfühlt.

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Auch durch Kontakt zu Mitarbeitenden aus meinem Verein ist mir aufgefallen, dass mein Gehalt absurd hoch ist. Wir als Spieler sind, im Gegensatz zu den Angestellten, für den Club und damit für die Geldgeber unentbehrlich und werden übermäßig bezahlt, während andere im selben Verein für Mindestlohn arbeiten. Diese Debatte konnte ich allerdings nicht im Verein führen, da es ein klares Abhängigkeitsverhältnis zu den Investoren und Sponsoren gibt. Sie sollen nicht verärgert werden. Gesellschaftskritische Diskussionen und das Konzept des Profifußballs in Frage zu stellen kommen da gar nicht gut an. Das habe ich auch gespürt, wenn ich mich mal kritisch geäußert habe. Allein diese Frage hier öffentlich zu beantworten, wäre in meiner aktiven Zeit riskant gewesen.

Für mein Arbeitsumfeld waren all diese Gegebenheiten völlig normal. Wir wurden nicht dafür bezahlt, um etwas zu hinterfragen. Es geht den meisten – nicht allen – Aktionären um Fußball als Instrument zur Gewinnmaximierung und nicht um den Fußball als Sport.

Es gibt nämlich Konzepte, wie das Geld aus den Profiligen für die Förderung des Amateur- und Frauenfußballs genutzt werden kann. Vereine müssten auf Geld verzichten, damit sich der gesamte Fußball weiterentwickeln kann. Diese Vision hat im Profifußball aber keine Chance. Zu meiner aktiven Zeit habe ich versucht, ein Spielerbündnis zu bilden, um über genau diese Ansätze und Probleme im Fußball mit Fußballspielern zu reden. Es bestand großes Interesse bei den Spielern, da es im Profibereich in Deutschland noch nie so eine Plattform gegeben hat.

Ich war also nicht allein mit meiner Haltung, es besteht Gesprächsbedarf und der Wille, etwas am System Profifußball zu ändern. Allerdings habe ich, nachdem ich diese Initiative gegründet habe, keine Angebote mehr aus Deutschland erhalten und musste deshalb ins Ausland wechseln. Das System des Profifußballs zu verändern ist also schwierig, wenn man noch mittendrin steckt.

Häh? Fragen Sie sich auch manchmal: Warum, um alles in der Welt, machen diese Leute so was? Wir helfen bei der Antwort. Schicken Sie Ihre Frage an verstaendnis@taz.de.

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