Vorstoß von Robert Habeck: Billigstrom für Industrie

Der Bundeswirtschaftsminister will Industriefirmen bei den Stromkosten entlasten. Die ganze Ampel-Regierung hat er dabei nicht hinter sich.

Hinter zahlreichen Strommasten dreht sich ein Windrad zur Stromerzeugung

Billiger Strom für die Industrie fordert das Wirtschaftsministerium Foto: Federico Gambarini/dpa

BERLIN taz | Der Staat soll Industrieunternehmen den Strompreis auf sechs Cent pro Kilowattstunde heruntersubventionieren – das schlägt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor. Die Förderung könnte bis 2030 laufen, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Konzept. Gleichzeitig plädiert die grüne Bundestagsfraktion dafür, die staatliche Hilfe beim Heizungstausch für Privathaushalte mit niedrigen Einkommen auf bis zu 80 Prozent der Kosten zu erhöhen.

Dem Wirtschaftsministerium geht es darum, energieintensive Unternehmen zu unterstützen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Als Beispiele werden in dem sechsseitigen Konzept die „Chemie-, Stahl-, Metall-, Glas- oder Papierindustrie“ genannt, außerdem Firmen, die hohe Kosten bei der Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energie zu tragen haben.

In solchen Fällen solle der Staat „bei Börsenstrompreisen über sechs Cent pro Kilowattstunde die Differenz erstatten“. Die Förderung würde aber auf 80 Prozent des Jahresverbrauchs der jeweiligen Firma begrenzt, um den Anreiz zum Energiesparen zu beizubehalten.

Die Initiative wird unter anderem mit dem „Energiepreisschock“ infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine begründet. Noch jahrelang sei nun davon auszugehen, dass die hiesige Industrie Strompreise von bis 15 Cent pro Kilowattstunde zahlen müsse, während sie früher bei sieben Cent oder darunter lagen. Ohne Eingreifen gefährde das die Firmen, die Arbeitsplätze und den Wohlstand des Landes.

Stromsubvention würde viele Milliarden kosten

Mit dem sogenannten Industriestrompreis will Habeck eine Nachfolgeregelung für die Strompreisbremse schaffen, die im kommenden Jahr ausläuft. Die Begünstigung der Industrie würde ähnlich gestaltet, wie es früher schon bei der Umlage nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) praktiziert wurde.

Die Kosten der Stromsubvention zulasten des Bundes beziffert das Wirtschaftsministerium auf etwa „25 bis 30 Milliarden Euro bis 2030“. Decken ließen sie sich aus dem Fonds zur Stabilisierung der Wirtschaft (WSF), einem schuldenfinanzierten Sondervermögen neben dem Bundeshaushalt, aus dem auch die Ausgaben für die Strompreisbremsen bezahlt werden.

Damit steht der Bundesregierung jetzt die nächste Auseinandersetzung bevor. Während beispielsweise SPD-Chef Lars Klingbeil einen staatlich finanzierten Industriestrompreis befürwortet, steht Finanzminister Christian Lindner (FDP) dem Konzept kritisch gegenüber. Er meint, die Mittel des WSF seien zweckgebunden und könnten nun nicht einfach umgewidmet werden.

Experte warnt vor Überförderung der Industrie

Positiv findet der Verband der Chemischen Industrie das Habeck-Konzept: „Daumen hoch, das ist ein wichtiges Signal.“ Der Industriestrompreis müsse „schnell und unbürokratisch kommen“. Yasmin Fahimi, die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, lobte die Deckelung von sechs Cent für 80 Prozent des Bedarfs als „angemessen und ausgewogen“.

„Deutschland begibt sich mit dem Industriestrompreis in den Subventionswettlauf“, mahnte dagegen Ökonom Achim Wambach. Er ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsministeriums. „Es besteht die Gefahr einer Überförderung“, so Wambach.

Die sechs Cent nennt Habeck einen „Brückenstrompreis“. „Dauersubventionen passen nicht zu unserer Wirtschaftsordnung, und wir können sie auch nicht durchhalten“, heißt es im Papier. Nach 2030 soll die umfangreiche Subvention wegfallen und marktwirtschaftlicheren Mechanismen Platz machen.

Dazu gehören Direktabnahmeverträge beispielsweise zwischen Solarparks und Windanlagen sowie benachbarten Industrieunternehmen, bei denen niedrigere Netzentgelte den Strompreis drücken könnten. Eine weitere Variante sind sogenannte Differenzverträge zwischen Staat und Wirtschaft, bei denen im Falle hoher Preise zwar Subventionen fließen, die Firmen diese bei niedrigen Preisen aber auch wieder zurückzahlen müssen.

Grünen-Vorstoß zur Wärmepumpenförderung

Am selben Tag wie Habeck präsentierte die grüne Fraktionsspitze im Bundestag ein Konzept für die bessere Unterstützung von Privathaushalten beim Austausch fossiler Heizungen gegen ökologische Wärmepumpen. Katharina Dröge, Julia Verlinden und Andreas Audretsch plädieren dafür, die Förderung auf bis zu 80 Prozent der Kosten anzuheben, wenn die Immobilienbesitzer nur Jahreseinkommen von bis zu 20.000 Euro erwirtschaften.

Der Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes sieht bisher eine Förderung von maximal 50 Prozent vor. Nach dem Vorschlag der Grünen sollen die Zuschüsse zum Heizungstausch sozial gestaffelt werden und mit höheren Einkommen abnehmen. 30 Prozent Förderung würden aber alle erhalten, die ihre Heizung austauschen. Aus der FDP kam Zustimmung.

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