Gefälschte Corona-Impfdaten?: Hausdurchsuchung bei Bolsonaro

Brasiliens Ex-Präsident wird beschuldigt, mit falschen Impfpässen in die USA gereist zu sein. Er hatte immer wieder betont, nicht geimpft zu sein.

Bolsonaro guckt vergrämt

Geht es ihm nun an den Kragen? Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro nach der Hausdurchsuchung Foto: Adriano Machado/reuters

BERLIN taz | Am Mittwochmorgen ist die Bundespolizei in ein nobles Viertel Brasílias vorgerückt und hat das Haus eines besonderen Bürgers der Hauptstadt durchsucht: Jair Bolsonaro. Die Be­am­t*in­nen beschlagnahmten unter anderem das Handy des rechtsextremen Ex-Präsidenten. Im Laufe des Tages ordnete ein Richter zudem an, ihm den Reisepass vorläufig zu entziehen.

Bolsonaro und einige seiner nächsten Angehörigen stehen unter Verdacht, mit gefälschten Impfpässen in die USA eingereist zu sein. Die Ermittlungen richten sich gegen eine mutmaßliche kriminelle Vereinigung, die falsche Impfdaten in ein System des Gesundheitsministeriums eingegeben haben soll. Neben Bolsonaros Adresse durchsuchten die Be­am­t*in­nen der Bundespolizei weitere Immobilien und verhafteten mehrere Verbündete des Rechtsradikalen, unter anderem Oberstleutnant Mauro Cid Barbosa, die ehemalige rechte Hand Bolsonaros.

Laut den Er­mitt­le­r*in­nen sollen die Impfdaten Bolsonaros, seiner 12-jährigen Tochter Laura und Barbosas gefälscht gewesen sein. Bolsonaro erklärte, von der Hausdurchsuchung „überrascht“ gewesen zu sein, und beteuerte seine Unschuld. „Ich war nicht geimpft. Punkt“, sagte der 68-Jährige zu einer Gruppe Re­por­te­r*in­nen vor seiner Wohnung. Bolsonaro soll während des ermittelten Zeitraums dreimal in die USA eingereist sein.

Bolsonaro hatte die Gefahren des Coronavirus, das in Brasilien 700.000 Menschen tötete, öffentlich heruntergespielt und das Virus mehrfach als „kleine Grippe“ bezeichnet. Außerdem steht Bolsonaro in Verdacht, den Kauf von Impfstoffen aus politischen Gründen sabotiert zu haben. Immer wieder hatte er zudem behauptet, nicht geimpft zu sein, weigerte sich allerdings, Unterlagen vorzuweisen, die das beweisen. Der sozialdemokratische Präsident Luiz Inácio „Lula“ da Silva, der am 1. Januar sein Amt antrat, forderte, Bolsonaro müsse für seine Handlungen während der Pandemie vor Gericht gestellt werden.

Bolsonaro verweigert Aussage

Während Rechte von einem „Komplott“ gegen ihr Idol sprachen, feierten viele die Hausdurchsuchung in der Wohnung des Ex-Präsidenten. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er sich im Gefängnis für seine Verbrechen verantworten muss“, twitterte der linke Bundesabgeordnete Guilherme Boulos.

Seit seinem Ausschneiden aus dem Präsidenten-Amt genießt Bolsonaro keine Immunität mehr vor Strafverfolgung

Nach Rücksprache mit Verbündeten verweigerte Bolsonaro am Mittwoch die Aussage vor der Bundespolizei. In einem Interview mit dem rechten Sender Jovem Pan erklärte der mit den Tränen ringende Bolsonaro, dass bei seiner Einreise in die USA kein Impfnachweis gefordert gewesen wäre. Sollte er lügen, drohen ihm schwerwiegende strafrechtliche Konsequenzen.

Und der mögliche Skandal um die gefälschten Impfnachweise ist nur einer von vielen: Bolsonaro sieht sich mit einer Reihe von Ermittlungen wegen mutmaßlicher Verbrechen konfrontiert. Ein Problem dabei: Dass er seit seinem Ausschneiden aus dem Präsidentenamt keine Immunität mehr vor Strafverfolgung hat. Ende April musste Bolsonaro bereits vor der Bundespolizei aussagen, die ihn als möglichen „intellektuellen Anstifter“ für die Ereignisse am 8. Januar sieht. An diesem Tag hatten An­hän­ge­r*in­nen des Ex-Präsidenten das Regierungsviertel in Brasília gestürmt und eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Bolsonaro hatte während seiner Amtszeit regelmäßig Lügen über das Wahlsystem verbreitet und seine Un­ter­stüt­ze­r*in­nen zu antidemokratischen Protesten aufgepeitscht.

Bolsonaro war erst vor wenigen Wochen von einem längeren USA-Aufenthalt nach Brasilien zurückgekehrt. Die extreme Rechte wollte die immer noch große Popularität ihrer Führungsfigur nutzen, um den Kampf gegen die Lula-Regierung zu intensivieren. Eine mögliche Verurteilung könnte ihrer Bewegung nun schaden. Viele Ex­per­t*in­nen rechnen auch damit, dass Bolsonaro schon bald seine politischen Rechte verlieren wird – und so nicht mehr zu Wahlen antreten kann.

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