Eskalierter Polizeieinsatz in Ratingen: Opposition drängt auf Aufklärung

Nach dem eskalierten Polizeieinsatz in Ratingen soll der NRW-Innenausschuss eine Sondersitzung einberufen. 800 Menschen halten Mahnwache ab.

Blumen und Kerzen stehen vor dem Hochhaus in Ratingen, wo bei einem Einsatz Polizei- und Feuerwehrleute schwer verletzt wurden.

Blumen und Kerzen stehen vor dem Hochhaus in Ratingen, wo die Tat geschah Foto: Roberto Pfeil/dpa

BERLIN taz | Nach dem eskalierten Einsatz in einem Wohnhaus in Ratingen (Nordrhein-Westfalen) mit mehr als 30 teils lebensgefährlich verletzten Polizei- und Feuerwehrleuten drängt die SPD im Landtag auf Aufklärung. Sie beantragte eine Sondersitzung des Innenausschuss.

„Motiv, Tathergang und Einsatzablauf müssen umfassend aufgeklärt werden“, sagte die SPD-Innenpolitikerin Christina Kampmann am Sonntag der taz. Allem Anschein handele es sich bei dem Angreifer um einen polizeibekannten Gewalttäter. „Warum das den Einsatzkräften offenbar nicht bekannt gewesen sein soll, ist eine der zentralen Fragen, die nun beantwortet werden müssen. Es geht auch darum, wie wir unsere Sicherheitskräfte vor solchen Gefahren besser schützen können.“ Die Sondersitzung des Ausschusses soll noch in dieser Woche stattfinden.

Am Donnerstag waren Polizeikräfte zu der Wohnung des 57-jährigen Frank P. in einem Ratinger Wohnblock ausgerückt, weil die Hausverwaltung einen überquellenden Briefkasten gemeldet und eine hilflose Person vermutet hatte. Vor Ort stießen die Einsatzkräfte auf eine Barrikade, dann soll P. ihnen ein Gefäß mit brennendem Benzin entgegengeschleudert haben.

Zwei PolizistInnen und drei Feuerwehrleute wurden dabei lebensgefährlich verletzt, 26 weitere teils schwer verletzt. Der 57-Jährige konnte später festgenommen werden. In der Wohnung fand sich auch eine tote Person – offenbar P.s Mutter, die bereits Wochen zuvor gestorben sein soll.

Motiv bleibt weiter unklar

Was zu der Tat führte, bleibt weiterhin unklar. Frank P. war wegen dreimaliger Körperverletzung vorbestraft. Wenige Tage zuvor hatte ein Beamter erfolglos versucht, P. einen Vollstreckungshaftbefehl zu übergeben, weil dieser eine Geldstrafe wegen Körperverletzung nicht bezahlt hatte. Erwartete der 57-Jährige am Donnerstag nun seine Festnahme? Als Extremist war er den Behörden nicht bekannt. Laut der leitenden Ermittlerin, Heike Schultz, gibt es nun aber Hinweise, dass er der Prepper- und Coronaleugnerszene nahestand. Bei ihm wurde eine PTB-Waffe sowie mehrere Messer und Dolche sichergestellt.

Ob die Einsatzkräfte am Donnerstag von einer Gewaltbereitschaft von Frank P. wussten, konnte ein Sprecher der Polizei Düsseldorf am Sonntag der taz nicht sagen. Zu den genauen Umständen der Explosion und dem Motiv werde weiterermittelt. Der Festgenommene schweige zu den Vorwürfen, so der Sprecher. Es sei davon auszugehen, dass er die Tat länger vorbereitet und gezielt begangen habe.

Von den verletzten Einsatzkräften mussten einige weiterhin intensivmedizinisch behandelt werden. Die Tat hatte bundesweit Bestürzung ausgelöst. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, diese mache sie „fassungslos und wütend“. „Eine so unfassbare Brutalität, einen so hinterhältigen Angriff durch eine offenbar bewusst herbeigeführte Explosion hätten wir uns kaum vorstellen können.“

Am Samstag versammelten sich laut Polizei rund 800 Personen auf dem Marktplatz in Ratingen zu einer Solidaritätskundgebung für die verletzten Einsatzkräfte und stellten Kerzen auf. Zu der Veranstaltung hatte eine Ratinger Bürgerin aufgerufen.

Während des Polizeieinsatzes war offenbar auch ein pflegebedürftiger Mann gestorben, der im Haus wohnte. Der festgenommene Frank P. sitzt in Untersuchungshaft. Ihm wird versuchter Mord in neun Fällen vorgeworfen. (mit dpa)

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