Kampf um Bachmut: Russland verliert Boden

Die Ukraine weitet ihren Gegen­angriff allmählich aus und gewinnt Gelände zurück. Doch trotz der Verluste setzt Russland seine Luftangriffe fort.

2 Panzer mit ukrainischer Flagge in einem blühenden Feld

Ukrainische Panzer in der Nähe von Bachmut Foto: Libkos/dpa

BERLIN taz | In der Ukraine mehren sich die Anzeichen, dass Russland an zentralen Frontabschnitten die Kontrolle verliert. Nördlich der seit einem Dreivierteljahr umkämpften Stadt Bachmut hätten die ukrainischen Verteidiger innerhalb von weniger als 48 Stunden zweieinhalb Monate russischen Geländegewinns zunichtegemacht, schrieb ein US-Militärbeobachter am Freitagabend auf Twitter. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium eingeräumt, die russischen Einheiten hätten sich auf „vorteilhaftere Positionen“ zurückgezogen.

Am Samstag wurden weitere ukrainische Geländegewinne bei Bachmut gemeldet. Ein Sprecher der Ostgruppe der ukrainischen Streitkräfte sagte, seine Truppen hätten „in drei Tagen der Gegenoffensive ein Gebiet von 17,3 Quadratkilometern befreit“. Der russische Wagner-Söldnerchef Jewgeni Prigoschin erklärte, die Ukraine habe eine Anhöhe vor der Stadt besetzt und die zuvor von Wagner-Söldnern gehaltene wichtigste Straße nach Bachmut unter ihrer Kontrolle. Am Sonntag behauptete das russische Verteidigungsministerium, „massive“ ukrainische Angriffe seien „abgewehrt“ worden.

Die ursprünglich 70.000-Einwohner-Stadt Bachmut im Donbass ist seit Monaten der am heftigsten umkämpfte Ort in der Ukraine. In verlustreichen Häuser- und Straßenkämpfen hatten Einheiten der russischen Armee und der Wagner-Söldnertruppe in den vergangenen Monaten rund 85 Prozent des Stadtgebietes eingenommen. Aber zuletzt hatte Wagner-Söldnerchef Prigoschin Ausrüstungsmängel kritisiert und vor einer Niederlage in Bachmut gewarnt.

Ein russischer Militärblogger analysierte in der Nacht zu Sonntag, die Ukraine habe nun mit der „Abnutzung der letzten Reserven“ Russlands begonnen. Anders als früher sei die ukrainische Seite jetzt überlegen beim Munitionsnachschub. Mehrere russische Kommandeure seien gefallen, viele Positionen hätten geräumt werden müssen.

Luftangriffe auf Ternopil

Zusätzlich Nervosität auf russischer Seite erzeugen die umfangreichen neuen Zusagen von Waffenlieferungen westlicher Verbündeter der Ukraine. Großbritanniens Regierung hatte am Donnerstag als erstes Land die Lieferung besonders durchschlagkräftiger Raketen des Typs „Storm Shadow“ an die Ukraine bestätigt. Die Raketen haben eine Reichweite von 250 Kilometern, über 100 Kilometer mehr als die bisher stärksten westlichen Lieferungen an die Ukraine.

Einen Tag nach der britischen Bestätigung traf die Ukraine erstmals russische Militäreinrichtungen in der seit 2014 russisch besetzten Gebietshauptstadt Luhansk, weit hinter der Front im äußersten Osten der Ukraine. Fotos zeigten dichten Rauch, der aus militärisch genutzten Gebäuden in der Stadt aufstieg.

Rätselraten erzeugte am Wochenende eine Reihe von Verlusten der russischen Luftwaffe. In der russischen Region Bryansk seien zwei russische Mi-8, ein Kampfjet Su-35 und ein Kampfjet Su-34 abgeschossen worden, hieß es am Samstag. Russische Militärblogger gehen davon aus, dass die Ukraine mit solchen Aktionen russische Kräfte auf dem eigenen Staatsgebiet und an der Grenze zur Ukraine binden will.

Ungeachtet all dessen setzte Russland seine Luftangriffe auf die Ukraine fort. Die russischen Besatzer hätten mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern von Flugzeugen aus angegriffen, teilten die Luftstreitkräfte in Kyjiw mit. In der Stadt Ternopil in der Westukraine, Heimatstadt der ukrainischen ESC-Teilnehmer, seien am Samstagabend russische Raketen eingeschlagen, als das ukrainische Duo Tvorchi beim ESC-Finale in Liverpool auftrat. (mit dpa, rtr)

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