Zustimmung der Linken zum Sudan-Einsatz: Überfälliger Lernprozess

Das gab es noch nie. Die Linkspartei hat ohne Gegenstimmen für einen Bundeswehreinsatz im Ausland gestimmt. Es ist ein Hoffnungsschimmer.

Jan Korte sitzt im Sonnenlicht im Bundestag

Im Fokus der Aufmerksamkeit: Die Linke im Bundestag Foto: Achille Aboud/imago

Sicher, auf die paar Stimmen der kleinsten Fraktion kam es nicht an, als der Bundestag am späten Mittwochnachmittag nachträglich seine Zustimmung zu der Rettungsmission der Bundeswehr im Sudan gegeben hat. Trotzdem war das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten der Linkspartei das Interessanteste an dieser Entscheidung, die ansonsten als Formalität zu verbuchen ist. Denn die Linksfraktion hat mit übergroßer Mehrheit bei wenigen Enthaltungen und ohne Gegenstimmen für diesen Einsatz der Bundeswehr im Ausland gestimmt. Das gab es noch nie.

Ist das ein Verrat an den friedenspolitischen Grundpositionen der Linken? Keineswegs, es ist vielmehr ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass sich die schwer kriselnde und zerstrittene Partei doch noch nicht vollständig aufgegeben hat, sondern sogar aus Fehlern lernen kann. Denn ein solcher schwerer Fehler war kurz vor der Bundestagswahl 2021 der Umgang mit dem Eva­kuie­rungs­einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, dem nur eine kleine Minderheit in der Fraktion nicht die Zustimmung verweigerte. Das war ein Desaster, für das die Linkspartei mit dem Verfehlen der Fünfprozenthürde abgestraft wurde. Wer ideologische Verbohrtheit über die Rettung von Menschenleben stellt, der oder die darf sich nicht wundern, wenn sich Wäh­le­r:in­nen angewidert abwenden.

Es ist gut, dass es im Bundestag wenigstens noch eine Partei gibt, die sich der militärischen Logik grundsätzlich verweigert. Dazu gehört nicht nur das Aufbegehren gegen deutsche Hochrüstungspläne, sondern auch, Auslands­einsätze der Bundeswehr in aller Regel abzulehnen. Aber das darf kein Ritual sein und kann nicht bedeuten, nicht in jedem einzelnen Fall genau hinzuschauen. Dazu hat sich die Linkspartei allzu lange unfähig gezeigt. Aus Prinzip nicht zwischen einem Kriegs­ein­satz und einer zeitlich wie räumlich klar begrenzten Rettungsaktion unterscheiden zu wollen, entspricht jedoch nicht einer pazifistischen oder antimilitaristischen Grundhaltung, sondern ist schlicht verantwortungslos – und geht im Zweifel auf Kosten des Lebens von Menschen.

Die Sudan-Abstimmung zeigt, dass es hier einen Lernprozess gegeben hat. Das ist erfreulich – und überfällig. Denn nach wie vor gilt: Die Wahrheit ist immer konkret.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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