Rechtsextremismus an Lausitzer Schule: Endlich in Köpfe investieren

Hitlergruß, Hakenkreuze, rassistisches Mobbing: Eine Schule im Landkreis Spree-Neiße schreibt einen Brandbrief. Wo bleibt der Strukturwandel von unten?

Menschen auf einer Demonstration, Aufschrift auf dem Transparent: Nazis nicht ins Rathaus!

Protest gegen den Cottbuser AfD-Kandidaten bei der OB-Wahl Foto: picture alliance/dpa | Frank Hammerschmidt

Ein Hitlergruß vor den Augen der Lehrer. Hakenkreuze auf Autos. Rassistisches Mobbing gegen Mitschülerinnen. Und ein Kollegium, das zur Hälfte wegschaut: Die Vorwürfe, die Lehrerinnen und Lehrer einer Schule im Landkreis Spree-Neiße erheben, sind mehr als nur ein Hilfeschrei. Sie zeigen einen rechtsextremen Alltag, der in der Lausitz vielerorts zum Mainstream geworden ist.

Nein, der Name der Schule wird nicht genannt in dem Brief, auch nicht die Stadt, in der sie sich befindet. Selbst die Verfasserinnen und Verfasser zeichnen ihren Hilferuf nicht namentlich. Zu groß ist die Angst vor rechter Gewalt. Die Angst vor den eigenen Schülerinnen und Schülern, die im Vorfeld der vergangenen Bundestagswahl bei einer Schülerwahl für eine Koalition von NPD und AfD gestimmt haben.

Dass die Lausitz ein rechtes Problem hat, ist nicht neu. Schon 2019 hat der Brandenburger Verfassungsschutz die Verflechtungen von Neonazi- und Kampfsportszene in Cottbus toxisch genannt. Groß war deshalb die Erleichterung, dass sich im vergangenen Jahr mit Tobias Schick ein SPD-Mann in der Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters deutlich gegen einen AfD-Kandidaten durchsetzen konnte.

Der Brandbrief zeigt nun, dass es auch in Schulen in dem Landkreis, in dessen Mitte Cottbus liegt, toxisch zugehen kann. Für die Landesregierung in Potsdam kommt er zur Unzeit. Fast vier Milliarden Euro an Fördermitteln pumpt Brandenburg in den Strukturwandel in der Lausitz. Dazu kommen noch die unmittelbar vom Bund bezahlten Leuchtturmprojekte wie die Hochschulmedizin in Cottbus, das ICE-Werk oder der Lausitz Science Park.

Neue Jobs, aber wer will da hinziehen?

Tausende Hightech-Jobs sollen den Verlust kompensieren, der mit dem Ausstieg aus dem Braunkohletagebau entsteht. Aber wer will schon aus München, Hamburg oder Berlin in die Lausitz ziehen, wenn nicht einmal die eigenen Kinder in der Schule sicher vor rechter Gewalt sind?

Immerhin hat der designierte neue Bildungsminister den Schuss gehört. Auch die Polizei ermittelt nun. Doch das reicht nicht. Inzwischen haben sich andere Schulen zu Wort gemeldet, die ähnliche Probleme haben. Durch die Politik in Brandenburg muss ein Ruck gehen. Nicht nur in Beton dürfen die Milliarden aus dem Strukturstärkungsgesetz investiert werden, sie müssen auch in Demokratieprojekten, in der Zivilgesellschaft, in den Köpfen ankommen. Wird da nicht schnell umgesteuert, droht der Strukturwandel zum Milliardengrab zu werden.

Schon einmal hat ein Brandbrief die Politik wachgerüttelt. 2006 gingen Lehrerinnen und Lehrer der Neuköllner Rütli-Schule an die Öffentlichkeit, weil sie das Gewaltproblem nicht mehr in den Griff bekamen. Inzwischen ist aus der Problemschule mit dem Rütli-Campus ein Vorzeigeprojekt geworden.

Brandenburg hat es in der Hand, ähnliche Erfolgsgeschichten zu schreiben. Und es hat das nötige Geld für einen solchen Strukturwandel von unten.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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