OECD-Empfehlung für Deutschland: Besser „flexible Haushaltsregeln“

Gürtel enger schnallen? Stattdessen muss Deutschland in eine klimaneutrale Wirtschaft investieren, meint der Industrieländer-Club.

Ein Rotorblatt wird an einem Windrad angebracht.

Dringend nötig: Wind machen beim ökologischen Umbau der Wirtschaft Foto: Jochen Tack/Imago

BERLIN taz | Deutschland hat viel Aufholbedarf bei der Entwicklung einer ökologischen Wirtschaft – das attestierte der Bundesregierung am Montag nicht Greenpeace, sondern die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Der Club der Industrieländer übergab Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) zwei Berichte über seine Sicht auf Deutschland: einen Wirtschaftsbericht und einen Umweltprüfbericht.

Ein wichtiger Punkt auf dem Weg zur Klimaneutralität ist für die Marktwirtschaftsfans von der OECD: kein Spardiktat! „Der haushaltspolitische Rahmen muss angepasst werden“, schreibt die Organisation. Sie kritisiert die Sondervermögen des Bundes. Das sind Geldtöpfe, die die Bundesregierung neben ihrem eigentlichen Haushalt aufgemacht hat. Da gibt es etwa das Sondervermögen Bundeswehr, den Klima- und Transformationsfonds, den Klärschlamm-Entschädigungsfonds.

Die Ausgaben und teils auch aufgenommenen Schulden tauchen nicht im Bundeshaushalt auf, für den in der Regel die Schuldenbremse gilt. Das war zwar während der Coronapandemie zeitweise ausgesetzt, für das laufende Jahr will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die engen Grenzen zur Aufnahme staatlicher Kredite allerdings wieder einhalten. In den kommenden Wochen will die Bundesregierung zudem den Haushalt für das kommende Jahr beschließen.

Angemessene Investitionen ermöglichen

„Um dem Investitionsstau zu begegnen, wurden mehrere Sondervermögen aufgelegt“, heißt es nun im Wirtschaftsbericht. „Die über sie getätigten Ausgaben gehen jedoch nicht in den Kernhaushalt ein und verringern so die Transparenz und Glaubwürdigkeit der Schuldenbremse.“ Daraus ergibt sich für die OECD-Expert:innen: „Die Extrahaushalte nach und nach in den Kernhaushalt überführen, gleichzeitig aber die Schuldenbremse flexibler gestalten, um angemessene Investitionen zu ermöglichen.“

Zudem empfiehlt die Organisation, die Staatskasse besser zu füllen, indem klimaschädliche Subventionen abgebaut werden. Außerdem hält sie die Erhöhung mancher Steuern für angebracht, etwa der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Für FDP-Finanzminister Christian Lindner steht das bislang ebenso wenig zur Debatte wie eine Aufweichung der Schuldenbremse. Stattdessen will er Ausgaben drosseln.

Während auch die OECD empfiehlt, alle Ausgaben genau auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, spricht sie sich nicht grundsätzlich zum Sparen aus. „Die Bewältigung des bestehenden Infrastrukturstaus und der Investitionsbedarf für die ökologische und digitale Transformation werden erhebliche öffentliche Mittel erfordern“, heißt es.

Damit Deutschland das selbst gesteckte Ziel der Klimaneutralität bis 2045 erreicht, müsse das Tempo der Emissionsminderung verdreifacht werden, meint die OECD. Das entspricht Berechnungen des Umweltbundesamts. „Der Energiemix des Landes beruht nach wie vor überwiegend auf fossilen Energieträgern“, moniert die Organisation.

Sie lobt indes, dass Deutschland schnell auf die Energiekrise des vergangenen Jahres reagiert habe und dass Umweltministerin Steffi Lemke ein Gesetz zur Klimaanpassung erarbeitet sowie ein Aktionsprogramm für naturbasierte Klimaschutzlösungen auf den Weg gebracht hat.

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