Streik auf der Raststätte Gräfenhausen: Lkw-Fahrer fordern weiteren Lohn

Der seit Wochen bestreikte Fuhrunternehmer Mazur hat nur einen Teil der ausstehenden Löhne gezahlt. Die Trucker bestehen auf weitere 97.000 Euro.

Lkw-Fahrer protestieren und sitzen neben den Lastwagen. In einem Graffiti ist die über 97.000 Euro Geldforderung zu lesen

Über 97.000 Euro fordern die Lkw-Streikenden auf der Raststätte Gräfenhausen West bei Darmstadt Foto: Helmut Fricke/dpa

BERLIN taz | Die auf der Raststätte Gräfenhausen West bei Darmstadt versammelten Lkw-Fahrer aus Georgien und Usbekistan setzen auch nach nunmehr fünf Wochen Streik ihren Protest fort. Zwar hat der polnische Unternehmer Łukasz Mazur ausstehende Löhne überwiesen, insgesamt knapp 200.000 Euro. Es fehlen aber laut der Berechnungen der Fahrer und der sie unterstützenden Gewerkschaften noch weitere 97.000 Euro.

Die Streikenden hatten Mazur per E-Mail das Ultimatum gesetzt, ihnen bis vergangenen Freitag 13.30 Uhr ein Angebot zu unterbreiten. Der Unternehmer ließ diese Frist verstreichen: „Die Firma ist der Ansicht, das war’s jetzt. Die Fahrer sehen das anders“, fasst Anna Weirich vom Beratungsnetzwerk Faire Mobilität des DGB den Stand zusammen.

Anfragen der taz dazu ließ das Unternehmen Agmaz, Lukmaz und Imperia unbeantwortet. Dem ZDF gegenüber sagte Mazur in einem Fernsehbeitrag, mehr Geld werde es nicht geben, er sei seinen vertraglichen Pflichten nachgekommen. Abrechnungsunterlagen, die das belegen können, wie von den Fahrern und Gewerkschaften seit Wochen gefordert, habe er nicht vorgelegt, so Weirich.

Die Situation ist damit erneut festgefahren. Auf kollektive E-Mails reagiere Mazur nicht, es fänden aber weiterhin einzelne Gespräche mit der Buchhaltung des Unternehmens statt. Weirich weist zudem darauf hin, dass Mazur den Fahrern nicht nur Geld, sondern auch Dokumente vorenthalte. Fortbildungsnachweise etwa, für die sie zum Teil sogar mit Lohnabzügen gezahlt hätten. Auf einer Pressekonferenz der Streikenden am Freitagnachmittag kündigte ein Fahrer an, notfalls in den Hungerstreik zu treten, wenn Mazur die Forderungen der Fahrer nicht erfülle.

Die noch geladene Fracht soll zum Teil abgeholt werden

Ein wichtiges Faustpfand in ihrem Arbeitskampf ist – neben den festgesetzten Lkws – die Fracht, die einige der Fahrzeuge noch geladen haben. Darunter auch Ware des US-Mischkonzerns General Electric. Dieser will nun offenbar die Fracht abholen lassen. Die Spedition LOG hatte sich vergangene Woche bei der Polizei gemeldet und eine Umladeaktion für Freitag, 14 Uhr angekündigt, wie die Autobahnpolizei Südhessen auf Nachfrage der taz bestätigt. Dazu aber kam es nicht, ob es einen späteren Versuch geben oder das Projekt ganz abgeblasen wird, ließ sich am Wochenende nicht klären. Einfach dürfte es jedenfalls nicht werden, an die Ladung zu kommen.

Am Freitagnachmittag präsentierten die Streikenden anwesenden Jour­na­lis­t*in­nen Frachtbriefe und die Ladung von General Electronic. Sie appellierten dort an die Verantwortung des Konzerns für die Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette. Der von den Fahrern bestimmte Verhandlungsführer Edwin Atema von der niederländischen Gewerkschaft FNV erinnerte über den Kurznachrichtendienst Twitter das Unternehmen öffentlich daran, dass es den Global Compact der Vereinten Nationen unterzeichnet und sich darauf verpflichtet habe, Menschen- und Arbeiterrechte zu achten.

Darauf, dass diese durch den in Gräfenhausen bestreikten Mazur nicht gewahrt werden, gibt es neue Hinweise: Weirich aus dem Beratungsnetzwerk berichtet von einem 26-jährigen Fahrer, der neu am Versammlungsort aufgetaucht sei. Der Mann ist eigenen Angaben zufolge seit November auf der Straße unterwegs und hat bislang für den gesamten Zeitraum unter 1.000 Euro für seine Arbeit erhalten, wie sich anhand von Kontoeingängen nachvollziehen lässt. Atema sprach auf der Pressekonferenz am Freitag in diesem Zusammenhang von einem möglichen Fall von „Menschenhandel“.

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