Prozessauftakt in Celle: IS-Rückkehrerin gibt sich reuig

Marcia M. hat Frauen für die Terrororganisation IS angeworben. Sie soll auch an Plänen für Anschläge in Deutschland beteiligt gewesen sein.

Eine Frau sizt im Gericht und verdeckt mit einem Aktenordner ihr Gesicht

Gibt sich reuig: die Angeklagte im Gerichtssaal am Oberlandesgericht in Celle Foto: Philipp Schulze/dpa

CELLE taz | Vor dem Oberlandesgericht in Celle hat der Prozess gegen eine weitere IS-Rückkehrerin begonnen. Marcia M. aus Salzgitter war 27 Jahre alt, als sie 2015 mit ihrem Ehemann nach Syrien ausreiste. Die Anklage wirft ihr vor, an der Planung von Anschlägen in Deutschland beteiligt gewesen zu sein.

Darunter ein Terroranschlag auf ein „nicht näher bezeichnetes“ Musikfestival in der Nähe von Hildesheim. Schon 2019 hatte die Bild-Zeitung das Gerücht in die Welt gesetzt, es könnte sich dabei um das Gothic-Festival M’era Luna gehandelt haben – von offizieller Seite wurde dies allerdings nie bestätigt.

Am ersten Verhandlungstag gab sich Marcia M. reuig und geständig, spielte ihre Rolle aber gleichzeitig herunter. Sie räumte ein, mehrere Frauen angeworben zu haben. Diese hätten IS-Schläfer heiraten und beherbergen sollen. Letztlich scheiterten sie aber an der Einreise. Was Marcia M. nicht wusste: Eine der angeworbenen Frauen war eine Quelle des Verfassungsschutzes. An der weiteren Anschlagsplanung will M. aber nicht beteiligt gewesen sein.

Die Anklage wirft ihr außerdem vor, sich für ein Frauen-Bataillon des IS gemeldet zu haben, Waffen- und Sprengstofftraining erhalten zu haben, Sprengstoffgürtel gefertigt zu haben und sich zu einem Selbstmordanschlag bereit erklärt zu haben.

Viel Raum fürs eigene Leid

Das, behauptet Marcia M. stimme so nicht, sie habe lediglich eine sehr kurze Zeit die Fertigung von Drahtverbindungen angeleitet, die möglicherweise für Sprengfallen gedacht gewesen sein. Dafür habe man sie aufgrund ihrer deutschen Ausbildung als Elektronikerin für Automatisierungstechnik eingeteilt. Sie habe sich aber aufgrund einer schwierigen Zwillings-Schwangerschaft und mehrerer Fehlgeburten immer wieder entzogen.

Eine weitere Fehlgeburt erlitt sie in der Gefangenschaft bei den kurdischen Milizen, denen sie sich im Oktober 2017 schließlich ergeben hatte. Die Schilderung der furchtbaren Bedingungen in mehreren Gefängnissen und einem Internierungslager, die sie schließlich durchwanderte, nahm in ihrer Einlassung am ersten Prozesstag den größten Raum ein.

In den kommenden Prozesstagen – 17 Verhandlungstermine hat der 5. Strafsenat angesetzt – wird es nun darum gehen, auszuleuchten, wie tief Marcia M. in das IS-Regime verstrickt war und wie sehr sie davon auch profitiert hat. Strittig ist zum Beispiel, ob sie tatsächlich in einem Haus in Mossul gewohnt hat, das unter IS-Zwangsverwaltung stand und dessen frühere Bewohner gewaltsam vertrieben wurden.

Die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung hat Marcia M. jedenfalls eingeräumt. Bei aller Kritik an den hygienischen und sonstigen Verhältnissen in den kurdisch geführten Gefängnissen, sei sie sich sehr bewusst, dass sie den Syrian Democratic Forces (SDF) ihr Leben verdanke. „Eine Gefangenschaft unter dem IS hätte anders ausgesehen.“

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