Gesetz gegen Hass im Netz: Social-Media-Verbot für Hetzer

Justizminister Marco Buschmann plant ein Gesetz gegen digitale Gewalt. Es soll Hassbetroffene auch vor anonymer Hetze in sozialen Medien schützen.

Smartphone mit kaputtem Bildschirm vor gelbem Hintergrund

Schluss mit Hass: Betroffene sollen eine Sperrung von Hetz-Accounts erwirken können Foto: imago

Wer massiv von Hass im Netz betroffen ist, soll künftig die Sperrung von Hetz-Accounts durchsetzen können. Das plant Justizminister Marco Buschmann (FDP). An diesem Mittwoch hat er Eckpunkte für ein Gesetz zum Schutz gegen „digitale Gewalt“ vorgelegt.

Zentraler Punkt des geplanten Gesetzes ist ein zivilrechtlicher Anspruch gegen Telekomfirmen und Plattformbetreiber auf Sperrung von Hetz-­Accounts. Dabei müssen allerdings mehrere Voraus­setzungen erfüllt sein: Eine betroffene Person muss durch den Hetz-Account schwerwiegend in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt worden sein. Die bloße Löschung eines beleidigenden Hassposts durch die Platt­form-Moderation darf nicht genügen. Die Accountsperrung wäre also vor allem dann möglich, wenn eine Het­ze­r:in ihr Opfer immer wieder im Netz beleidigt oder verleumdet und deshalb eine Wiederholungsgefahr besteht.

Ein solcher Anspruch würde damit erstmals gesetzlich normiert und soll leicht handhabbar sein. So wäre eine Accountsperrung auch dann möglich, wenn der reale Name der In­ha­be­r:in nicht bekannt ist. Es genügt der Name des Accounts, zum Beispiel „AdolfsFreundin88“. Die Zuständigkeit wäre unabhängig vom Streitwert einheitlich beim Landgericht (und damit nicht bei den kleineren Amtsgerichten). In offenkundigen Fällen könnte das Landgericht eine einstweilige Anordnung erlassen. Die Accountsperrung könnte damit binnen weniger Tage umgesetzt werden.

Buschmann betont, dass dadurch die gesellschaftliche Debatte in sozialen Netzwerken nicht eingeschränkt werden soll. „Was heute geäußert werden darf, darf auch künftig geäußert werden“, so der Justiz­minister. Auch anonyme Äußerungen seien weiterhin gesetzlich zulässig. Es gehe nur um eine ver­besserte Durchsetzung der Rechte der Hassbetroffenen. Der Schutz vor „digitaler Gewalt“ sei keine Gefahr für den freien ­Diskurs, sondern schütze ihn.

Mehr Auskunft über Hetzer

Dennoch hat Buschmann auch die Interessen derjenigen im Blick, deren Account gesperrt werden soll. Diese müssten vor der Sperrung vom jeweiligen Provider über den vorliegenden Antrag informiert werden. Ihnen müsse auch Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Damit und durch die richterliche Entscheidung soll sichergestellt werden, dass Sperranträge nicht missbraucht werden, um legitime Kritik zu unterdrücken. Zudem sollen Accountsperren „nur für einen angemessenen Zeitraum“ angeordnet werden. Details zur maximalen Dauer nannte Buschmann noch nicht.

Neben den Account­sperren sollen die Hassbetroffenen auch bessere Auskunftansprüche über die hetzende Person erhalten. Sie sollen künftig leichter herausfinden können, wer sich etwa hinter dem Hetz-Pseudonym „AdolfsFreundin88“ verbirgt. Deshalb sollen Plattformbetreiber künftig die IP-Adresse des Hetz-Accounts herausgeben müssen. Mit der IP-Adresse kann in einem einem zweiten Schritt beim Telekom-Provider erfragt werden, welche reale Person im fraglichen Zeitpunkt diese IP-Adresse benutzt hat. Am Ende könnte diese Person zum Beispiel auf Schadenersatz verklagt werden oder es könnte eine Strafanzeige gestellt werden.

Bisher bestand kein Anspruch auf Nutzerdaten wie die IP-Adresse. Gegen anonyme Het­ze­r:in­nen konnte daher nur schwer vorgegangen werden. Zudem sollen Provider in komplexeren Fällen künftig vom ­Gericht auch zur Sicherung der Daten inklusive IP-Adressen verpflichtet werden können, sodass diese auch nach einigen Wochen noch vorhanden sind. Dies wäre eine Art Quick-Freeze für zivilrechtliche Zwecke.

Eine Quick-Freeze-Regelung für die Strafverfolgung hatte Buschmann schon letztes Jahr vorgeschlagen. Diese scheiterte bisher daran, dass Innenministerin Nancy Faeser (SPD) die IP-Adressen und ihre Zuordnung für die ganze Bevölkerung auf Vorrat speichern will.

Die Zivilgesellschaft hat nun bis zum 26. Mai Zeit, zu Buschmanns Eckpunkten Stellung zu nehmen. In der zweiten Jahreshälfte will der Justizminister dann einen Gesetzentwurf vorlegen, über den wie üblich der Bundestag entscheiden muss. Eine Mehrheit in der Ampel­koalition dürfte Buschmann sicher sein, denn das Vorhaben ist im Koalitionsvertrag abgesichert. „Wir (…) ermöglichen richterlich angeordnete Accountsperren“, heißt es dort.

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