Letzte Generation: Rechtswidrig festgesetzt

Die Polizei scheitert vor Gericht damit, Präventivgewahrsam gegen Aktivisten der Letzten Generation zu erwirken. Die Blockaden gehen weiter.

Ein Polizist von hinten, guckt in Richtung einer Blockiererin

Im polizeilichen Blick: die Letzte Generation Foto: dpa

BERLIN taz | Am Donnerstagvormittag sitzen plötzlich fünf Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation auf der Sonnenallee am Hermannplatz, an ebenjener Stelle, die sie schon am Montag blockiert hatten. Die Au­to­fah­re­r:in­nen drehen schon an einer Kreuzung 100 Meter davor ab. Zu Aggressionen kommt es dennoch: Als sich eine Aktivistin festkleben will, stürzt sich ein Mann auf sie. Sofort sind drei weitere Pas­san­t:in­nen zur Stelle, um ihn zurückzuhalten. Dann greifen die dazueilenden Polizisten ein.

Noch eine Viertelstunde später unter Anwesenheit vieler Po­li­zis­t:in­nen fühlt sich ein weiterer Passant dazu legitimiert, auf einen festgeklebten Aktivisten loszugehen. Schnell gehen Polizeibeamte dazwischen und führen den Angreifer ab. Von Amtswegen wird die Polizei wohl Ermittlungsverfahren wegen versuchter Körperverletzung einleiten. Weil die attackierten Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation aber ihrerseits auf Anzeigen verzichten, werden diese voraussichtlich wegen mangelndem Interesse eingestellt werden.

Die Blockade in Neukölln ist an diesem Donnerstag erneut eine von vielen im ganzen Stadtgebiet. Betroffen sind wieder die großen Magistralen: Frankfurter Allee, Tempelhofer Damm, Kurfürstendamm. Die Polizei spricht von „diversen Orten“, eine vollständige Übersicht gab es bis zum Nachmittag nicht. Nach einer Blockadepause am Mittwoch mit nur einem unangemeldeten Protestmarsch ist es der dritte Tag, an dem eine Vielzahl von Blockaden den Verkehr in der Stadt massiv stören.

Polizei scheitert vor Gericht

Die Polizei ist unterdessen vor Gericht damit gescheitert, für 34 am Dienstag festgesetzte Ak­ti­vis­t:in­nen einen Präventivgewahrsam zu erreichen. Die Un­ter­stüt­ze­r:in­nen der Letzten Generation waren am Dienstagnachmittag bei Blockaden festgesetzt worden und verbrachten die Nacht in Gefangenensammelstellen. Erst am Mittwochvormittag wurden sie Rich­te­r:in­nen des Amtsgerichts Tiergarten vorgeführt. Diese lehnten alle Anträge auf weiteren Gewahrsam ab.

In mehreren Fällen urteilten sie, dass „die Ingewahrsamnahmen von Anfang an rechtswidrig gewesen“ waren. In diesen Fällen hatten, so eine Gerichtssprecherin, die Ak­ti­vis­t:in­nen zuvor im Polizeigewahrsam bereits angegeben, sich künftig nicht mehr an Blockaden beteiligen zu wollen. Bei 15 Ak­ti­vis­t:in­nen verzichtete die Polizei schließlich auf die Vorführung.

Die Letzte Generation veröffentlichte unterdessen Erfahrungsberichte von Ak­ti­vis­t:in­nen aus dem Polizeigewahrsam: Po­li­zis­t:in­nen hätten demnach gedroht, ihnen das „Blut aus dem Körper“ zu schlagen. Ein anderer habe gesagt: „Ihr kommt für 30 Tage nach Moabit und werdet täglich vergewaltigt.“

Bereits am Montag war die Polizei damit gescheitert, Präventivgewahrsam zu erwirken. Zwar hatte sie 71 Personen in Sicherheitsgewahrsam genommen, dem Gericht vorgeführt wurde aber nur eine. Auch in diesem Fall entschied das Gericht gegen ein weiteres Festhalten. Ein hartes Urteil erging stattdessen am Mittwoch gegen eine Aktivistin, die sich im August vergangenes Jahren an den Rahmen eines Bildes in der Galerie des Berliner Kulturforums geklebt hatte. Für diese Störaktion und eine Straßenblockade wurde sie zu vier Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Gegen das Urteil seien bereits Rechtsmittel eingelegt, teilte die Letzte Generation mit.

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