Krise beim FC Bayern: Keine Helden des Büros

Die Probleme des FC Bayern sind struktureller Natur, sie hängen nicht nur an Kahn und Salihamidžić. Sie wurzeln im Konzept.

Kahn und Salihamidžić mit düsteren Mienen auf der Tribüne

Sahen auf dem Platz besser aus: Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić

Nun ist also der bayerische Worst Case eingetreten. Das Jahr ohne Titel wird recht wahrscheinlich und Markus Söder („Die Dortmunder sind eigentlich fast zu doof, um deutscher Meister zu werden“) sieht noch doofer aus als sonst. Kahn und Salihamidžić wackeln, Hoeneß soll retten. Die Schrille dieser Debatte ist ja tatsächlich völlig kurios. Seit 2012 hat der FC Bayern jedes Jahr mindestens einen Titel gewonnen. Dass nun allen Ernstes von einem Niedergang die Rede ist, sagt mehr über den Stand im System Fußball als den FC Bayern.

In der derzeit viel besungenen Ära Hoeneß waren titellose Jahre tatsächlich recht häufig. Erst der Platz-vier-Schiffbruch 2007 markiert die große finanzpolitische Wende: Der FCB musste in der anbrechenden Oligarchenära massiv mehr investieren, um mitzuhalten. Es kamen auf einen Schlag Miroslav Klose, Luca Toni und Ribéry, zwei Jahre später noch Arjen Robben. Es waren die wichtigsten Transfers der letzten Jahrzehnte, mit Ausnahme vielleicht von Lewandowski.

Einkaufspolitik seit Langem ähnlich

Diese Coups überdecken allerdings, dass die Bayern-Einkaufspolitik seit Langem ähnlich funktioniert wie die aktuell von Kahn und Salihamidžić: drei Irrtümer, ein Treffer. Wahllos teure Spieler (Breno, Renato Sanches, Mario Götze …), kaum Spielidee und ein teurer, aber eher machtloser Trainer, der alles zusammenschustern soll. Dieses Konzept, getragen von mittelmäßigen Entscheidern mit Bayern-Stallgeruch, konnte nur funktionieren, weil die finanzielle Fußballwelt der 2010er eine andere war.

Wenn man sich irrte, irrte man eher um 10 als um 67 Millionen. Erweiterte internationale Spitze kam und blieb noch in der Bundesliga. Zudem profitierte der Klub extrem von der Blüte des deutschen Männerfußballs, dessen größte Stars in München landeten. Auch damit ist es vorbei, mit dem Weg nach München ebenso wie mit deutscher Weltklasse.

Eine Rückkehr des Populisten Hoeneß würde kein Problem lösen. Öffentlich krankt die aktuelle Führung vor allem an ihrem desaströsen Auftreten, intern sind die Probleme strukturell. Dass man tatsächlich auch einen Megaklub immer noch in den Niedergang fahren kann, haben zuletzt Manchester United und die Mailänder Klubs belegt. Letztere zeigen aber auch, dass die Reichen fast immer wiederkommen.

Um in der noch teureren neuen Welt zu bestehen, bräuchte Bayern zwei Erkenntnisse: Es muss nicht jedes Jahr ein Titel her. Und: Eigene Helden vom Platz taugen selten als Helden der Büroetage. Zu befürchten ist eher, dass diese Erkenntnislücke mit zweifelhaftem neuem Geld gestopft wird.

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Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum, Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen zum Beispiel im Fußball und übers Reisen. 2018 erschien ihr Buch "Wir sind der Verein" über fangeführte Fußballklubs in Europa. Erzählt von Reisebegegnungen auch auf www.nosunsets.de

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