Der Staat in sozialen Netzwerken: Der Pakt mit dem Daten-Kraken

Die Datenschutzbehörden halten die Facebook-Fanseiten von Behörden für nicht datenschutzkonform. Sie fordern Alternativen.

Protest gegen Datenklau: aufgestellte Smartphones mit Whatsapp-Ikon, von denen Leitungen zu einem Facebook-Symbol führen

Datensauger Meta versinnbildlicht: Protest in Hamburg Foto: Daniel Reinhardt/dpa

HAMBURG taz | Facebook-Fanseiten zu betreiben, ist nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder illegal. Wie der Hamburgische Landesbeauftragte für den Datenschutz in seinem Jahresbericht betont hat, gibt es dazu einschlägige Gutachten und auch ein Gerichtsurteil in letzter Instanz. Trotzdem präsentieren sich öffentliche Stellen – einschließlich der rot-grünen Hamburger Landesregierung – munter weiter bei Facebook und weiteren sozialen Netzwerken.

Die Präsenz im Internet und gerade auch in den sozialen Netzwerken gilt in der Öffentlichkeitsarbeit heute als geradezu unverzichtbar – auch bei der taz. Die Hamburger Senatspressestelle hat zuletzt etwa den Besuch von Bürgermeister Peter Tschentscher in Washington ge­featured.

Dass die Hinweise der Datenschützer vorerst ohne Folgen bleiben, hängt mit einer vor einem Monat eingereichten Klage des Bundespresseamtes gegen den Bundesdatenschutzbeauftragten zusammen. Dieser hatte von der Bundesregierung verlangt, ihre Facebookseite zu löschen, und diese wehrt sich dagegen. Den Ausgang dieses Verfahrens, in dem noch einmal neue Aspekte verhandelt werden, wollen die Landesdatenschutzbeauftragten jetzt im Sinne eines Musterverfahrens abwarten, bevor sie weitere Schritte gehen.

Schutz gegen Datensammelei

Den Datenschützern ist daran gelegen, die Bürger vor der ausufernden Datensammelei von Internetplattformen wie Facebook, Whatsapp, Instagram, Tiktok oder Twitter zu schützen. Dabei gehe es nicht darum, die Nutzung sozialer Netzwerke zu verbieten, versichert Alina Feustel, Sprecherin des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten. Stattdessen „sollten alle darauf hinwirken, dass insbesondere soziale Netzwerke datenschutzkonforme Lösungen anbieten und Anbieter bevorzugen, die dies bereits tun“.

Grundlage dafür ist die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Plattform-Betreiber sehen durch die Verordnung ihr Geschäftsmodell gefährdet, das auf einem Tausch beruht: kostenlose Nutzung gegen Datenerfassung. Wer auf der Plattform surft, muss zulassen, dass sein Nutzungsverhalten protokolliert und ausgewertet wird, etwa um ihn zielgenau mit Werbung ansprechen oder mit Informationen versorgen zu können.

Die Datenschützer haben sich zum einen auf Behörden als Seitenbetreiber konzentriert. „Behörden sind noch mehr als Bürger verpflichtet, sich an ihre eigenen Gesetze zu halten“, sagt Christof Stein, Sprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten.

Zum anderen steht Facebook im Fokus, die Ursprungs- und jetzt Tochterfirma von Mark Zuckerbergs Meta-Konzern. Da Meta seinen europäischen Sitz in Irland hat, müsste die dortige Datenschutzbehörde gegen den Konzern vorgehen. Weil sich dort wenig bewegt, gehen die deutschen Datenschützer einen Umweg und adressieren die Betreiber der Fanseiten. Denn nicht nur Meta profitiere ja von den Fanseiten, sondern auch deren Betreiber, „da sie sich die Möglichkeiten und den Netzwerkeffekt von Facebook zunutze machen“, wie es im Bericht des Hamburger Datenschutzbeauftragten heißt.

Die Hamburgische Bürgerschaft und auch die Senatskanzlei weisen darauf hin, dass sie inzwischen den Facebook-Dienst Insights abgeschaltet hätten. Dabei stellt Facebook den Seitenbetreibern Statistiken über die Nutzung ihrer Seiten zur Verfügung. Der Verzicht auf diesen Service ändere jedoch nichts an der „gemeinsamen Verantwortlichkeit“ für die Seite zusammen mit Facebook und damit der Klagemöglichkeit, heißt es im Bericht des Landesdatenschutzbeauftragten.

Der Hamburger Senat ist den Datenschützern auch noch in anderer Weise entgegengekommen: Hamburger öffentliche Stellen verzichteten darauf, neue Fanpages einzurichten, und prüften auch „Messenger-Dienste, die die Anforderungen der DSGVO transparenter erfüllen“, teilte die Senatspressestelle mit.

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