Iran-Politik der EU: Studie warnt vor Terrorlistung

Laut einer Studie, die die Linke im EU-Parlament in Auftrag gegeben hat, könnte eine Ausweitung der Sanktionen auf die Revolutionsgarden kontraproduktiv sein.

Parade von Paramitärs

Die paramilitärischen Truppen der iranischen Revolutionsgarde marschieren bei einer Militärparade im September Foto: Vahid Salemi/ap

BRÜSSEL taz | Angesichts der anhaltenden Repression muss die EU ihre Iran-Politik neu aufstellen. Im Zentrum sollte die politische und juristische Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen stehen – und nicht die viel diskutierte Ausweitung der Sanktionen auf die Revolutionsgarden oder die Wirtschaft. Zu diesem Schluss kommt eine Studie über die „Feministische Revolte im Iran“, die die Linke im EU-Parlament in Auftrag gegeben hat.

Eine Listung der Revolutionsgarden auf der EU-Terrorliste könnte sich als kontraproduktiv erweisen, heißt es in der noch unveröffentlichten Studie, die der taz vorliegt. Auch Wirtschaftssanktionen wirkten sich häufig negativ auf die Zivilbevölkerung aus. Jede weitreichende Reaktion auf das gewaltsame Vorgehen des Mullah-Regimes müsse sorgfältig hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Lebensbedingungen abgewogen werden.

Statt weiter an der Sanktionsschraube zu drehen, sollte die EU die Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen dokumentieren und verfolgen, fordern die Autoren Barbara Mittelhammer und Cornelius Adebahr, die als unabhängige Analysten unter anderem für Carnegie Europe und die Heinrich-Böll-Stiftung arbeiten. Zudem gelte es, die „feministische Revolte“ und ihre Protagonisten zu unterstützen.

„Zum einen muss die EU die Ak­ti­vis­t:in­nen sowie die Menschen- und Frau­en­rechts­ver­tei­di­ge­r:in­nen im Land weiterhin materiell wie symbolisch unterstützen“, sagt die Linken-Politikerin Cornelia Ernst, die die Iran-Delegation des EU-Parlaments leitet. „Zweitens müssen die vielen Menschenrechtsverletzungen dokumentiert und etwa im Rahmen internationaler Gerichtsbarkeit aufgearbeitet werden.“

Internationale Zusammenarbeit ist wichtig

Statt sich weiter an den USA zu orientieren und Iran noch mehr zu isolieren, solle die EU im Verbund mit Staaten des Globalen Südens zusammenarbeiten und Menschenrechtsforderungen an das Regime stellen. Wichtig sei auch die regionale Zusammenarbeit. Sicherheitsfragen etwa zu Jemen, Syrien und Israel und das (von der EU ausgehandelte) Nuklear­ab­kommen seien ebenso entscheidend wie die Menschenrechtslage im Land, betont Co-Autor Adebahr. „Ein Ansatz, der einen oder mehrere dieser Aspekte ausklammert, greift zu kurz.“

Wichtig sei auch, die feministische Dimension zu begreifen. „Die anhaltende Revolte in Iran ist feministisch“, meint Co-Autorin Mittelhammer. „Nicht nur, weil sie von Frauen angeführt wird, sondern weil sie gleiche Rechte für alle einfordert: für Frauen ebenso wie für ethnische Minderheiten, für Menschen in den Städten ebenso wie auf dem Land. Sie alle vereint das Motto ‚Frau, Leben, Freiheit‘.“

Die feministische Außenpolitik der EU steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. Derweil mehren sich in Brüssel Rufe, die Revolutionsgarden als Terrororganisation einzustufen. Da sie weite Teile der iranischen Wirtschaft kontrollieren, könnte dies jedoch den Alltag der Menschen treffen und das Regime stärken, warnen die Autoren der Studie. Auch ein Abschied vom Atomabkommen könne negative Folgen haben.

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