Berichte über höhere Rundfunkgebühren: Grusel garantiert

„Geheime ARD-Akten“ sollen laut Wirtschaftsportal „Business Insider“ zeigen, wie sehr der Rundfunkbeitrag erhöht wird. Doch das entpuppt sich als Panikmache.

Eine Skulptur des Sandmännchens sitzt auf einer Holzbank

Auch ein Sandmännchen hat seinen Preis Foto: imago

Bürger*innen, empört euch! „Geheime ARD-Akten zeigen, wie die öffentlich-rechtlichen Sender den Rundfunkbeitrag auf mehr als 20 Euro erhöhen wollen“, blökt diese Woche das eigentlich geschätzte „Wir haben da mal wieder ne Tonne belastendes Material aus dem RBB bekommen“-Portal Business Insider. Prompt dröhnt der verschwörungspolitische Resonanzraum: „GEZ: Rundfunkbeitrag soll raketenhaft ansteigen! ARD-Chefs schmieden angeblich Plan.“ Was schwer nach AfD klingt, ist eine aktuelle Schlagzeile von Der Westen, der Sammelwebsite diverser NRW-Regionalzeitungen der Funke-Gruppe.

Es ist ihnen scheinbar egal, dass die Politik den Betrag festsetzt, nicht die Öffentlich-Rechtlichen. Und das auch erst, wenn die Beitragskommission KEF das Ganze auf Sparsamkeit geprüft hat. Worum geht es also? Alle vier Jahre melden die Öffentlich-Rechtlichen an, wie viel Geld sie zur Erfüllung ihres Auftrags brauchen. Einsendeschluss bei der KEF ist Ende April.

Weil aber reizvolle Abkürzungen wie GEZ mit dem zugehörigen Zahlenwerk immer gut für Grusel und Reichweite sorgen, wird medial schon im Vorfeld auf die Pauke gehauen. Die Zahlen von Business Insider, das steht da auch, sind vom letzten Sommer. Es handelt sich um einen Wunschbetrag der Sender, von dem alle Beteiligten wissen, dass er nie Realität wird. Trotzdem wird darüber berichtet. Die ARD wird vermutlich nicht mal in dieser Höhe anmelden. Und die KEF streicht aus der öffentlich-rechtlichen Rechnung auch noch ziemlich runde Summen wieder raus, weil es wirtschaftlicher geht. Bei der letzten Anmeldung waren es 1,5 Milliarden.

Mitleid mit den Öffentlich-Rechtlichen ist nicht angebracht

So weit, so schlicht. Dabei gäbe es wirklich Punkte, die mal zu diskutieren wären. Warum gibt es für einkommensschwächere Menschen, die vom Theater übers Museum bis zur Schwimmhalle vergünstigten Eintritt zahlen, keinen ermäßigten Rundfunkbeitrag? Stattdessen bellt Pawlows Hund und alle regen sich auf. „Aber nur, weil sie angestachelt wurden und sich alle im Vorfeld aufregen sollen?“, fragt die Mitbewohnerin.

Mitleid mit den Öffentlich-Rechtlichen ist dabei nicht angebracht. Denn sie sind selbst genauso große Rechenkünstler. 2016/17 kamen die ersten Ermutigungen der Politik, mal das eigene Sparpotenzial zu beziffern. Allein die ARD errechnete eine runde Milliarde. Als es dann Ernst wurde, schrumpfte die innerhalb kürzester Zeit auf die Hälfte.

Was die Kosten für ARD, ZDF & Co. angeht, meinte die große Katharina Thalbach schon anno 2004 in der taz zur damaligen Gebührenerhöhung auf 17,20 Euro pro Monat: „Zigaretten werden auch immer teurer und es hat die Leute nicht abgehalten.“ „Dafür“, meint die Mitbewohnerin, „sind die Öffentlich-Rechtlichen aber wesentlich gesünder, so umfassend und ausgewogen.“

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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